Es kommt auf die Nutzung an
Wenn es DEN richtigen Kinderwagen geben würde, gäbe es nicht diese riesige Auswahl an Modellen. Es hängt also ganz klar von Dir ab, welcher der richtige ist. Wir sind mit dem Thema gerade durch - der KiWa steht jetzt im Keller. Worauf wir geachtet haben? Hier ein paar Fragen, nach denen Du Dich richten kannst:
Wo wirst Du hauptsächlich unterwegs sein? Mehr in der Innenstadt oder mehr in Wald und Wiese? Das ist sehr entscheidenf für die Wahl der Räder. Ein Wagen mit vier festen Rädern ist bei unebenen Terrain (Feldwege, Kopfsteinpflaster, Wald und Wiese) viel besser geeignet. Ist man dagegen mehr in Kaufhäusern, Straßen- und U-Bahn etc unterwegs, sind Schwenkräder emfehlenswert. Bei Schwenrädern sollte man aber darauf achten, dass diese feststellbar sind und der Mechanismus hierfür einfach zu bedienen ist. Möchte man beides, wird es schwierig. Es gibt Modelle, bei denen man die Vorderräder auswechselnd kann (zB Gesslein Future). Dann gibt es natürlich auch Unterschiede in der Größe der Schwenkräder. Hier gilt: Je größer, desto besser, wenn es mal unebener wird. Andererseits, sind die kleineren Räder meist noch wendiger.
Sportlich? Will man mit Kinderwagen auch Sportarten wie Jogging oder Inlineskating ausüben, eignet sich vielleicht eher ein Jogger? Die sind leichter und daher hierfür gut geeignet. Allerdings muss man hier meistens auf anderen Komfort verzichten. Einen wirklichen Jogger mit Schwenkrad - das macht eher keinen Sinn, beim Sport brauchst Du die Stabilität von großen, festen Rädern.
In welchen Stock wohnt ihr? Und wo steht der KiWa später? Feste Wannen sind natürlich stabiler. Aber, sie sind meistens auch mit Kind nicht so einfach zu tragen. Gerade, wenn das Kind etwas schwerer wird (und das tun sie ja von alleine). Kommst Du mit dem Kind vom Einkaufen und bist glücklich, dass es endlich einmal schläft, muss es nun in die Wohnung. Eine Softtasche lässt sich gut in einer Hand die Treppe hochtragen, die andere bleibt frei für den Einkauf oder andere Dinge. Eine feste Wanne lässt sich schwerer tragen, der Einkauf muss dann unten bleiben. Oder, Du musst das Kind rausheben und dann ist es mit dem schönen Schlaf vorbei. Wohnst Du im Erdgeschoss oder hast einen Aufzug, spricht natürlich nichts gegen die feste Wanne.
Schieberhöhe und Schrittweite: Gerade große Menschen wissen, wo hier das Problem liegt. Aber auch, wenn man sehr klein ist, kann es hier Probleme geben. Das einfache Schieben mag ja noch gut gehen, wenn die Höhe nicht perfekt stimmt. Aber kleinere Hindernisse wie Bordsteinkanten (und die gibt es ja nun zu Hauf) lassen einen schnell merken, wenn die Höhe nicht passt. Hier im Laden mal einen Kinderwagen mit ein paar Flaschen Wasser beladen (simuliertes Kindsgewicht) und testen, wie gut er sich hochdrücken lässt. Daran erkennst Du auch ziemlich gut, welche Höhe Du brauchst. Optimal ist es, wenn der Schieber genau bei dieser Höhe nicht abgeknickt ist, dann hast Du die beste Hebelwirkung. Hast Du lange Beine, solltest Du auch darauf achten, dass der Schieber weit genug von Kinderwagen weg ist, sonst trittst Du bei jedem Schritt unten ins Gestänge - das ist weder für den Wagen noch für Deine Füße gut.
Sitz- Bzw Liegenflächengröße: Man mag es kaum glauben und man sieht es auch nicht auf Anhieb, aber hier gibt es doch einige Unterschiede. Generell gilt natürlich, dass je größer die Fläche, desto länger passt das Kind rein. Blöd ist es schon, wenn mit zwei Jahren der Kinderwagen zu klein ist, das Kind aber noch nicht so gut läuft. Oder wenn man schon bevor das Kind sitzen kann auf den Buggy umsteigen müsste, weil die Liegefläche des Kindewagens nicht mehr ausreicht. Aber auch hier gibt die eigene Körpergröße einen guten Anhaltspunkt: sind die Eltern eher klein, ist die Größe auch beim Kind meistens kein Problem. Sind die Eltern eher groß, sollte man vielleicht durchaus mal das Maßband anlegen und vergleichen. Klar, die Größe bei der Gevurt hängt nicht wirklich von der der Eltern ab, das Wachstum danach dann aber schon.
Klappmaß: Fast alle Kinderwagen werben mit einem geringen Klappmaß. Aber was ist eigentlich gering? Ausprobieren! Und zwar nicht nur mit Maßband, sondern am eigenen Auto! Passt das Ding rein? Ich war schon leicht geschockt, als ich feststellte, dass es bei unserem A4 Kombi da durchaus eng werden kann in der Breite! Außerdem sollte man den Wagen leicht zusammen und auseinander klappen können. Bei uns sind die meisten Wagen durch diesen Test gefallen. Aber das kommt ja auch wieder darauf an, wie geschickt man sich anstellt.
Gewicht: Frau sollte den Wagen auch alleine mal eine Treppe tragen können. Zwar bringt Gewicht einem Wagen Stabilität, das Manövrieren wird aber schwieriger (Bordsteinkanten!). Außerdem kann es ja mal vorkommen, dass irgendwo der Aufzug defekt ist und weit und breit kein hilfsbereiter Mitmensch in Sicht...
Schadstoffbelastung: Das lässt sich nicht im Laden prüfen, dazu muss man Testberichte lesen. Die meisten Kinderwagen bekommen bei diesen Tests Abzüge, wegen der Schadstoffbelastung in den Bezügen. Klar, vorher waschen. Aber das alleine reicht nicht. Hier gibt es drei Möglichkeiten: Man nimmt einen Kinderwagen, der diese Abzüge nicht bekommt (zB Hartan, bei den anderen weiß ich es nicht auswendig) oder man kauft den Traumwagen gebraucht. Man kann davon ausgehen, dass nach einem Jahr diese Stoffe nahezu vollständig ausgelüftet sind. Und wenn weder das eine noch das andere gewollt ist, muss man eben möglichst früh kaufen, mehrmals durchwaschen und dann gut lüften.
Drehbare Sitzeinheit oder Schwenkschieber? Oder am besten beides? Eins von beidem muss! Zumindest, wenn Du den Kinderwagen von Anfang an und später auch noch benutzen willst. Anfangs gehört der Blick des Kindes zu Mutter/Vater gerichtet. Später möchte das Kind lieber die Welt sehen. Das lässt sich mit einer drehbaren Sitzeinheit ohne Probleme machen. Trotzdem hat ein Schwenkschieber seine Vorteile. Knallt die Sonne vom HImmel, soll das Kind trotzdem im Schatten sitzen. Sonnenschirme kann man mit jeder kleinen Kurve nachstellen. Und teilweise reichen sie nicht einmal dann. Hier kann eine kurzzeitige Blickrichtung des Kindes Wunder wirken. Genauso, wenn im Winter ein sehr kalter Wind von vorne kommt. Andererseits bedeutet ein Schwenkschieber natürlich auch immer einen gewissen Stabilitätsverlust im Wagen. Eine besondere angenehme Eigenschaft haben Schwenkschieber bei Wagen mit Schwenkrädern: Bei unwegsamen Gelände hilft es, die großen Räder nach vorne zu stellen und die kleineren Schwenkräder hinten zu haben! Hat der Wagen einen Schwenkschieber, sollte man dennoch nicht unbedingt auf die drehbare Sitzeinheit verzichten. Oft sind die Einkaufkörbe unter dem Kinderwagen nur von einer Seite gut zugänglich. Da ist es gut, wenn man den Kinderwagen so aufbauen kann, dass man so, wie man ihn meistens nutzt, auch an seine Sachen drankommt! Willst Du sehr schnell auf einen Buggy umsteigen, brauchst Du weder einen Schwenkschieber noch eine drehbare Sitzeinheit.
Die Bremse: Sollte einfach zu handhaben sein! Hier hängt es vom eigenen Geschick und von der Kraft ab. Ich hatte bei einigen Wagen das Gefühl, mir die Zehen zu brechen...
Welche Marke? Manchmal hat man das Gefühl, dass Kinderwagenmarken fast wie eine Religion gehandhabt werden. Dabei gibt es sehr viele gute Marken. Andere fallen wiederrum häufiger mit gebrochenen Achsen etc auf. Wichtig ist, dass der Wagen einen soliden und stabilen Eindruck macht. Mehr kann man beim Kauf leider nicht wirklich testen, da die meisten Materialschlampereien erst nach längerem Gebrauch auffallen. Natürlich können Test- und Erfahrungsberichte im Internet helfen. Allerdings bin ich bei meiner Suche über keine Marke gestolpert zu der man nicht irgendwo einen Bericht in der Art "beim zweiten Gebrauch ist das Rad abgefallen, der Henkel gerissen oder sonstwas" findet. Natürlich kommt die Entscheidung für das Design mit der Marke. Hier ist persönlicher Geschmack gefragt, was gefällt und was nicht. Allerdings sollte man bei der Farbwahl dann vielleicht auch die Praxis etwas beachten. Schwarz und weiß sind zwar schick und edel, aber ziemlich schmutzempfindlich (ja, auch schwarz - da macht sich Kindersabber super drauf...). Dunkle Farben werden zusätzlich im Sommer gerne recht warm.
Die Qual der Wahl: Hat man bei all diesen Punkten eine Antwort gefunden, kann man Glück oder Pech haben. Meistens gibt es keinen Wagen, der all das vereint. Kaum zu glauben, bei der Auswahl. Dann muss man anfangen, Abstriche zu machen. Welcher Punkt ist einem am wichtigsten? Was ist nicht so entscheidend? Wo liegen Platz eins und zwei vielleicht eng beieinander und der andere Wagen würde gar keinen großen Unterschied machen? Vielleicht hat man aber auch das Glück, dass nach diesen Punkten nur noch ein Wagen übrig bleibt, genau der soll es sein. (So war es bei uns)
Die Frage des Preises: Ist dann natürlich das nächste Problem. Leider will der Goldesel im Keller nicht so, wie man selbst. Vielleicht ist dann gebraucht eine Option? Hat ja auch Vorteile (siehe Schadstoffe).
So, das war mein Leitfaden zum Kinderwagenkauf. Nach diesen Punkten haben wir uns beim Kauf gerichtet. Bei uns ist es der Hartan Topline X mit Softtasche geworden, ebay, gebraucht, keine 2 Jahre alt, Topzustand, keine 300 Euro. (Neu kostet der mindst 460 Euro - und das war uns einfach zu viel)
So. Ich hoffe, ich konnte helfen