Hi,
ich hatte vor 4 Monaten meinen Kaiserschnitt gehabt. Obwohl die Chance 50:50 stand, habe ich 23 Stunden für eine normale Geburt gekämpft. Ich hatte höllische Schmerzen und ich konnte nicht mehr, aber ich wollte nicht aufgeben und kämpfte weiter. Für mich war immer klar, lieber ein paar Stunden leiden bei einer normalen Geburt, aber danach ist alles vorbei und man hat was erreicht. Man ist wieder vollkommen fit und kann sich gut um sein Kind kümmern und nicht wie bei einem Kaiserschnitt wo man Monate auf Hilfe angewiesen ist. Für mich war die Vorstellung eines Kaiserschnittes immer der blanke Horror und das ist er immer noch.
Wie gesagt ich hab 23 Stunden gekämpft, aber dann haben mich die Ärzte zu der Unterschrift gedrängt und es wurde ein Notkaiserschnitt gemacht. Eigentlich wollten sie schon früher einen Kaiserschnitt machen, aber ich habe mich geweigert. Sie haben mich dann in Vollnarkose gelegt, weil ich bereits schon eine PDA hatte und diese auch nicht richtig gewirkt hatte und weil ich die schmerzen einfach nicht mehr aushalten konnte.
Da der Kaiserschnitt nachts um 4 gemacht wurde, hab ich mein Kind zwar am Abend kurz auf dem Arm gehabt, aber ich war ja volle zwei Tage ziemlich benebelt so dass ich das gar nicht wirklich mitbekommen habe. Mir fiel auch wieder ein, dass ich gar nicht so unter Vollnarkose war, sondern auch was mitbekommen habe. Ich hab mitbekommen, wie sie an mir rum gerüttelt und gemacht haben. Man ist zwar irgendwie weit weg, aber irgendwie doch nicht. Man bekommt halb mit was um einen rum passiert. Als mir das wieder bewusst geworden ist, was mir da passiert ist, hatte ich richtig angst und Panik. Tja und als ob der Kaiserschnitt und diese höllischen Schmerzen, die nicht mal annähernd mit den Wehen schmerzen vergleichbar sind, nicht schon genug waren, wurde mein Kind am nächsten Tag sofort in die Uniklinik verlegt und ich habe es dann zwei Wochen lang nicht gesehen.
Ich lag da nun in einem Zweibettzimmer ganz allein, quälte mich mit meinen schmerzen, konnte weder aufstehen, noch liegen, alles tat höllisch weh, ich habe jeden gehasst, ich lag Mutterseelen allein in dem Zimmer, ohne mein Kind, ohne zu wissen wie es ihm geht, während ich im Flur und im Nebenzimmer die anderen Babys schreien hörte. Ich wusste zwar dass ich nun ein Kind habe, aber mir kam es nicht so vor. Ich fragte mich während der einen Woche, die ich im Krankenhaus lag, jede Minute warum ich eigentlich da lag. Für was eigentlich? Wofür hatte ich solche schmerzen? Nachdem ich mich dann am siebten Tag selbst entlassen hatte, konnte ich mein Kind immer noch nicht besuchen fahren. Das Krankenhaus war einfach zu weit weg und ich konnte mich immer noch kaum bewegen, geschweige den laufen, sitzen oder ähnliches. Ich hatte ja sogar Schwierigkeiten aus dem Bett überhaupt hoch zu kommen. Für einen Außenstehenden der das noch nie durchgemacht hat, mag das unvorstellbar sein, aber für mich war es einfach nur der Horror.
Nach zwei Wochen konnte ich dann mit zusammen gebissenen Zähnen und immer noch höllischen Schmerzen mein Kind endlich besuchen fahren. Ich musste sogar Schmerztabletten nehmen um überhaupt die Autofahrt bis dorthin überstehen zu können. Ich sah dann mein Kind und hatte nicht das Gefühl das es mein Kind ist und ich war immer noch total fertig, dass mein Kind nicht ganz gesund ist. Ein Schlaganfall während der Geburt, daraus folgten Krampfanfälle die vom Gehirn kamen.
Er kam dann zwar auch bald nach Hause, aber das Schwert des Schicksals wird sein ganzes Leben über ihm hängen.
Am Anfang freute ich mich überhaupt nicht das der kleine nach Hause kam, ganz im Gegenteil ich wollte ihn wieder los werden. Die ganze Veränderung. Ich wollte keine allzu große Bindung aufbauen, weil ich ja immer damit rechnen muss ihn wieder zu verlieren und woran man sich nicht gewöhnt oder was man nicht lernt zu lieben, das fällt einem auch nicht schwer wieder los zu lassen. So hab ich am Anfang immer wieder gedacht. Nur keine allzu große Bindung aufbauen.
Am Anfang hab ich ihn auch teilweise gehasst, weil mein Leben durch diesen Vorfall noch schwieriger wird als ohnehin schon.
Heute 4 Monate später kann ich zwar sagen dass ich ihn irgendwie lieb hab, aber ich habe immer noch nicht das Gefühl das es mein Kind ist. Ich habe nicht gesehen wie er aus mir raus kam. Wenn ich an die Geburt denke, dann könnte ich einfach nur heulen. Ein Moment, ein wichtiges Ereignis meines Lebens das man mir einfach genommen hat, das man mir nie wieder zurück geben kann. Ich leide einfach total darunter das ich ihn nicht gesehen hab, nicht gesehen hab wie er aussah als er raus kam. Mein Mann sagt zwar das er total zerknautscht aussah und das er einen spitzen Kopf hatte, aber das hilft mir auch nicht. Mir fehlt einfach dieses Erlebnis.
Zudem denke ich immer wieder daran dass ich einfach versagt habe. Nicht einmal eine normale Geburt habe ich geschafft. Nichts schaff ich im leben allein, das war schon immer so, überall bin ich gescheitert und nun kann ich nicht mal mein Kind allein zur Welt bringen??
Ich frage mich was gewesen wäre, wenn ich dem Kaiserschnitt eher zugestimmt hätte? Wäre dann der Schlaganfall nicht passiert? Bin ich schuld an seinem Unglück? Was wäre wenn ich keine PDA verlangt hätte und die wehen dadurch nicht schwächer geworden wären? Hätte ich dann meine normale Geburt mit allem drum und dran gehabt? Würde ich dann eher das Gefühl haben das es wirklich mein Kind ist? Das ich jetzt Mutter bin? Das er es ist dem ich die ganze Zeit im Bauch hatte?
All diese Fragen stelle ich mir tagtäglich. Wenn ich daran denke könnte ich einfach nur heulen. Ich trauere um den Moment der mir weggerissen wurde. Ein Moment um den man mich einfach gebracht hat. Keiner versteht mich, keiner weiß wirklich wie es mir geht, wie zerrissen ich mich fühle. Ich hab das wichtigste in meinem Leben verpasst!
Selbst Wochen, Monate nach dem Kaiserschnitt habe ich noch Alpträume immer wieder auf geschnippelt und wieder zu genäht zu werden.
Sorry für den so langen Text aber das sind einfach meine Gedanken und Erlebnisse. Mich würde sehr interessieren wie es euch ergangen ist und wie ihr damit klar kommt bzw. ob ihr damit klar kommt und das schon irgendwie verarbeiten konntet.
ich freue mich auf eure Gedanken
Lg,
Josephine