wunschkind2020Hallo Wunschkind2020, vielen vielen Dank, dass du Deine Geschichte, die ja noch gar nicht lange her ist bzw. die ja ganz aktuell ist, mit mir teilst!
Oh ja doch, auch wenn Oma nicht dasselbe ist wie Elternteil, so ist der Verlust auch nicht leicht wegzustecken. Meine Oma ist vor 3 Jahren verstorben, und für mich war das auch ein extrem einschneidendes Erlebnis, weil ich mein Leben lang eine ganz enge Beziehung zu ihr hatte. Und es war für mich der erste Tod in der Familie, mit dem ich konfrontiert war, ...diese Trauer war ein völlig fremder drückender Schmerz, den ich zuvor nicht kannte.
Auch meine Oma hatte ein langes, erfülltes Leben, wurde 98 Jahre alt, so dass ich den Tod natürlich rational absolut gut akzeptieren konnte. Trotzdem ist es immer schmerzhaft zu wissen, man kann die geliebte Person, die einfach immer da war, plötzlich nie mehr physisch vor sich haben (egal, in welchem Alter verstorben). Also ich kann absolut deinen Schmerz nachfühlen!
Und dass bei Deiner Mutter wieder was neues gefunden wurde ... ich kann mir vorstellen, wie quälend diese immer wieder neu entstehende Ungewissheit ist, wie sich das jetzt weiterentwickelt usw. Als mein Papa damals Krebs hatte, war es mehrere Wochen die Hölle für mich, weil ich solche Angst um ihn hatte. Zum Glück wurde es geheilt und es war nie mehr ein Thema. (Wobei er immer wieder wegen verschiedensten anderen Dingen auch mehrmals ins Krankenhaus musste in seinem Leben und jedesmal hatte ich diese schlimme Angst und Panik).
Das mit Deinem Papa tut mir sehr leid. Auch wenn die Situation eine andere ist und er weiterlebt, würde ich durchaus sagen, dein Schmerz, als diese Diagnose kam, ist vergleichbar bzw. nicht weniger. Natürlich denkst Du dann immer an die Zukunft, wie es wird usw. und es macht einem Angst, fühlt sich an wie ein Abschied.
Aber weißt du, was mich ein bisschen beruhigt hat: ich hab seit Papas Tod (vor 5 Tagen) die ganze Zeit all die schönen Erinnerungen mit meinem Papa im Geiste vor Augen, und jedesmal bei diesen Erinnerungen wurde ich traurig und begann zu weinen, weil er nicht mehr da ist. Und dann irgendwann in den letzten 1-2 Tagen hab ich mich selbst beruhigt, indem ich mir gesagt habe: All diese schönen Erinnerungen und Momente mit ihm waren ja mal echt! Haben in Wirklichkeit stattgefunden! Sind nicht mehr rückgängig zu machen oder auszulöschen. All diese wunderbaren Charakterzüge, Humor, usw... von ihm, alles was ich so an ihm mochte, war echt! War real da! Und dann habe ich zu mir sebst gesagt:
"Warum weinst du, wenn du z.B. an diese schöne Kindheitserinnerung xy mit deinem Papa zurückdenkst? Das hat doch stattgefunden und wird nie auszulöschen sein, egal ob Papa von jetzt an noch weiterlebt oder nicht. Das ändert ja nichts an all dem schönen Vergangenen, was war! Als er noch gelebt hat vor 3 Wochen oder vor 6 Jahren oder vor 13 Jahren, hättest du doch auch nicht geweint, wenn du dich an diese Kindheitserinnerung xy zurückerinnert hättest. Also gibt es jetzt eigentlich auch keinen Grund traurig zu sein. Jeder wird mal alt und/oder krank! Aber das schöne Vergangene bleibt etwas fix stattgefundenes und unvergessliches".
Mir hat dieser Denkansatz geholfen und vielleicht (hoffentlich) kann dich dieser Gedanke auch zumindest ein wenig beruhigen, also übertragen auf deinen Papa, der sich auch verändern wird.
So wie dein Papa bisher immer war... das wirst du eh niemals vergessen und das hat dich mitunter zu der Frau gemacht, die du bist :)
Und... unabhängig davon wirst du auch seine andere Art bzw. neuen Anteile lieben lernen, da bin ich mir ganz sicher.
Ich habe zwischenzeitlich immer mal als Nebenjob in einer Seniorenresidenz gearbeitet, wo viele Alzheimer haben, auch -relativ gesehen- jüngere Menschen. Natürlich red ich mich jetzt leicht, da ich "nur" in der Arbeit mit ihnen zu tun hatte, und nicht familiär. Aber ich habe irgendwie diesen Menschen soviel abgewonnen, ich habe ihre Art so wie sie sind, kennengelernt und sie ins Herz geschlossen und als ganz normale Menschen empfunden und wertgeschätzt. Ich habe irgendwann gar nicht mehr wahrgenommen, dass es ja eigentlich eine Krankheit ist, weil es trotzdem immer soo schön mit ihnen ist und es irgendwie einfach normal wurde, dass sie dies oder jenes nicht mehr können. Wie gesagt, ich red mich leicht. Aber ich glaube fest dran, dass wir Menschen evolutionär so vorbereitet wurden, dass unser Körper sich an Dinge, die zuerst noch so erschreckend und befremdlich und angsteinflößend erscheinen, allmählich gewöhnt und einen guten Umgang damit entwickelt. Ich glaube fest daran, dass auch du einen guten Weg finden wirst.
Und bei alledem wird dir dein Baby auch Stärke und Kraft spenden. So empfinde ich es gerade mit meinem kleinen Baby im Bauch.
Ist es eigentlich dein erstes Baby?
Ich kopier dir hier noch kurz rein, was ich vorhin auch der Johanna geschrieben hatte:
Gestern war ich beim Frauenarzt, zum ersten Mal dieser äußere Ultraschall außen am Bauch. Der Fötus scheint gesund (11.Woche) und ich war richtig überrascht, dass es sogar richtig mit den Händen und Beinen gestrampelt hat. Damit hatte ich gar nicht gerechnet, dass man das schon sieht.
Ich konnte nur heulen vor Überwältigung, auch weil ich mittendrin immer wieder an meinen Papa denken musste. Ich bin froh, dass ausnahmsweise mein Mann mit rein durfte zur Ärztin, sie verstand total, dass ich gerade sehr labil bin. Und sie hat mir auch die Sorge genommen, dass meine Trauer/mein Weinen dem Baby schaden könnte.
Der Gedanke ans Baby tröstet mich.
Und doch vermisse ich meinen Papa so sehr. Ich bin 33 Jahre alt und hätte es noch gut weitere 20 Jahre mit ihm ausgehalten
Es tröstet mich auch, dass sozusagen seine Gene in dem Baby auch weitergegeben werden.
Und ich denke mir, dass, als mein Papa im Krankenhaus das letzte Mal geatmet hat am Freitag, dass er seinen Atem an mein Baby weitergeschenkt hat.