Hallo zusammen, einige (manche haben mir auch liebe Nachrichten geschrieben) kennen einen Teil meiner Geschichte schon aus einem anderem Thread aber ich wollte nun auch den Rest erzählen.
Mir persönlich ist es wichtig diese Erfahrung anderen Mitleidenden mitzuteilen, hätte mir gewünscht mehr Beiträge zu diesem Thema zu finden, als ich gesucht habe. Hätte gerne mit jemandem Kontakt aufgenommen der diese schmerzliche Erfahrung machen musste.
Meine Geschichte wird etwas läger werden, SORRY.
Mein Leidensweg bekann mit einer Routineuntersuchung beim Frauenarzt. Sie fragte mich ob ich nicht einen Thermin zur Feinsonographie warnehmen wolle, es wäre auch ein schöner Thermin für den werdenden Vater.
Wir nahmen das Angebot dankend an und freuten uns schon aufs Babykino. Ich war in der 21. Schwangerschaftswoche. Während der Untersuchung scherzten wir mit dem Arzt rum da er während der Abarbeitung seines Untersuchungskatalogs immer wieder neu beginnen musste. Unser Baby war sehr agil und drehte sich ständig hin und her. Als der Arzt zu den detaillierten Untersuchungen bezüglich der inneren Organe kam wurde er immer stiller, wir waren der Meinung das es daran lag das unser Kind eben liebendgern in Mamas Bauch schwimmt und er deshalb etwas konzentrierter wirkte. Unsere Vermutung stellte sich leider als falsch raus. Er informierte uns noch während der Untersuchung darüber das unser Sohn mehrere Organfehler hat. Ich war wie vor den Kopf gestossen und verbrachte den Rest der Untersuchung in einem Nebel voll Gedanken und Gefühlen. Der Arzt erklärte uns, dass unser Sohn einen sehr komplizierten Herzfehler hat und einiges mehr, er aber diese Diagnose von einen Spezialisten gegenprüfen lassen möchte. Was wir taten. Wir ließen noch eine Fruchtwasserpunktion machen, um eine Chromosomenstörung auszuschliessen.
Die Zweitmeinug holten wir eine Woche später ein, jetzt war ich schon in der 22. Woche. Dieser Arzt ist das größte Unheil was man auf verzweifelte Frauen loslassen kann. Er machte ebenfalls seine Untersuchungen und hatte wegen den Kindsbewegungen ebenfalls Schwierigkeiten. Am Ende erklärte er uns was unserem Baby fehlt. Es war als ob er uns nen Dachbalken über den Schädel zieht, null Fein - bzw. Taktgefühlt. Unser Baby hatte nicht nur einen komplexen Herzfehler sondern noch einiges mehr. Es war nur ein Lungenflügel definiert, sämtliche Blutbahnen waren verkehrt angelegt und zerdrücken sie so gegenseitig, die Nieren waren da aber nicht funktionstüchtig, die Lungenvene mündete in der Leber und nicht im Herzen wo sie es normaler Weise tut. Das Herz stand quasi auf dem Kopf und die einzelnen Kammern waren nicht zu erkennen. Einige Organe waren nicht zu sehen und es wird von einer Nichtanlage ausgegangen, ebenso war alles Seitenverkehrt. Um es mit den Worten des Arztes zusammen zu fassen : Ihr Kind hat einen organischen Totalschaden, da kann man nichts machen. Er erleuterte uns jeden Fehler und seine Auswirkungen und erklärte uns das unser Sohn ausserhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig sei. Wir trafen uns noch mit einem weiteren Arzt um ganz sicher zu sein und dieser bestädigte uns alle Diagnosen. Es war leider so das unser Kind durch die Vielzahl an Fehlbildungen keine Überlebenschance hatte, und fragte uns was wir machen wollten. Ebenfalls hat uns jeder dieser Ärzte mitgeteilt, dass sie ab einen gewissen Punkt gegen unseren Willen handeln müssen, und welche Folgen das für unser Kind hätte und das ist etwas was wir nicht zulassen wollten.
Wir hatten 2 Möglichkeiten, einen Spätabbruch und den normalen Schwangerschaftsverlauf.
Mein Mann und ich haben uns nach einer Vielzahl von Gesprächen für einen Spätabbruch entschieden.
Wir lassen uns von Ärzten nicht entmündigen und wir sind nicht so egoistisch und lassen zu das unser Kind ein Mathyrium durchlebt, nur damit wir sagen können wir sind Eltern. Mein Kind ist nicht in der Lage selbstständig zu entscheiden das es etwas nicht will, es kann nicht sagen - das tut mir weh, bitte lasst mich in Ruhe - es kann auch nciht sagen - ich habe Schmerzen, Hunger oder Durst - es würde vom Tag der Geburt an gequält werden, und nicht verstehen warum es so leiden muss denn eine Heilungschance gibt es nicht.
Sicher klingt es grausam, das wir uns für diese Methode entschieden haben, aber wir stehen hinter dieser Entscheidung. Wir haben unserem Engel einen Ort zum sterben gegeben an dem er sich wohl fühlte und nicht einem an dem er sein musste. Wir finden es grausam ein Leben künstlich zu verlängern und so ein kleines hilfloses aber hilfebedürftiges Geschöpf so zu quälen und damit für immer zu schädigen.
Die Spätabtreibung wurde mit einem Fetozid eingeleitet. Dabei wird dem Kind eine Spritze in Herzchen gegeben, der Vorgang gleicht einer Fruchtwasseruntersuchung. Das waren die schlimmsten Minuten meines Lebens, ich kann nicht in Worte fassen was ich zu diesem Zeitpunkt fühlte. Nach dem Fetozid sagte mein Arzt zu mir, sie haben ihrem Kind sehr viel unnötiges Leid abgenommen, dafür werden sie jetzt um so mehrt leiden. Er meinte die Einleitung der Geburt und die schlimmen Schmerzen die damit verbunden sind, es ist nun mal so das der Körper in der 23 SSW noch nicht bereit ist das Kind freizugeben. Ich kam auf Stadion wo ich alle 4 Stunden Tabletten bekam die die Wehentätigkeit auslösen sollten. Von den Nebenwirkungen hat mir keiner was gesagt. Irgendwann tat sich auch etwas. Nun bin ich nicht wie andere und bei mir verlief dieser Eingriff anders als gedacht. vom ersten Ziehen bis zur Geburt vergingen nur 2 Stunden und ich hatte leider keine Hebamme bzw. eine Krankenschwester an meiner Seite.
Raphael ist in aller Stille geboren. Als Raphael dann auf meiner Brust lag, war ich glücklich. Die vergangenen 2 Stunden waren vergessen. Es war ein wundervoller Moment ihn in seiner ganzen Vollkommenheit zu sehen und zu spüren. Leider war dieser Moment viel zu kurz und ich musste meinen Engel abgeben. Ich hätte die Zeit am liebsten angehalten. Ich habe Ihm einen Kuss gegeben und ihm gesagt: Wir werden leider keinen Weg gemeinsam gehen, aber wir sehen uns am Ende des Regenbogens wieder. Du bist immer in unseren Herzen bei uns und lebst in diesen fort.
Gleichzeitig fühlte ich mich wieder schuldig - wie kann ich mit einem durch meine Schuld - für immer schlafenden Baby im Arm glücklich sein.
Wir haben uns von unserem Engelchen in aller Liebe und in Dankbarkeit für sein Dasein verabschiedet. Es hört sich vielleicht komisch an aber diese paar minuten mit unseren Sternenkind waren die wundervollsten und schönsten Augenblicke unseres Lebens und wir möchten sie nicht missen.
Unsere Herzen sind gebrochen und wir haben tiefe Wunden aber wir nehmen auch positives aus dieser Zeit mit und versuchen nicht nur das Negative zu sehen.
Wir sind froh darüber das wir schwanger sein durften, vielen ist dieses Glück nicht gegönnt. Wir sind froh und dankbar dafür das wir ihn spüren durften und das er uns all seine Liebe und Zuneigung gegeben hat. Wir sind stolze Eltern.
Danke für das Lesen meines Erfahrungsberichtes.
Es ist einfach wichtig in so einer Situation Menschen um sich zu haben denen man vertraut und mit denen man offen über alles reden und man muss auch für sich selber wissen was man will und was nicht. Geht offen mit diesem Thema um es gibt mehr Frauen die soetwas durchmachen als man denkt. Wegt eure Entscheidung gut ab und lasst euch auch zum 20ten Mal erklären was euer Kind hat und welche Therapiemöglichkeiten bestehen, sollte es welche geben wenn ihr 'Zweifel habt.
Mir war es leider nicht möglich meinem Kind bis zum Ende der Schwangerschaft ein zu Hause zu geben. Wichtig für mich und meinen Mann sind aber die Augenblicke mit unserem Baby im Arm. Wichtig ist es für unsere Trauerverarbeitung, man kann nur jemanden verabschieden den man auch kennengelernt hat. Sollte euch das möglich sein dann lasst diese Chance nicht ungenutzt, sonst bleibt da für immer ein Fragezeichen.
seid alle lieb gegrüßt