Hallo du, das tut mir echt leid, dass du schon länger (sogar lange!) mit depressiven Phasen zu tun hast. Wie bist du denn jeweils wieder rausgekommen? Hattest du schon mal Medikamente genommen oder eine hilfreiche Therapie bzw. Klinikzeit gehabt?
Das Leben ist oft nicht so eindeutig ein Ursache-Folge-Modell.
Auch wenn du Auslöser weißt – es kann sich immer nochmal was anders entwickeln. Sprich: Ein Auslöser (wie deiner) muss nicht zu einer Depression führen. Oder eine Depression kann "aus dem Nichts" kommen.
Aber klar – jetzt, wo du dich aktuell nicht gut fühlst, kannst du dir eine Schwangerschaft und dich als Mutter natürlich nicht gut vorstellen. Alles fühlt sich jetzt ja schwerer an.
Aber wer weiß, wie sich ein Kind (und ein Kind ist ja einfach was Schönes!) auf deine psychische Verfassung auswirken würde. Wofür das ein „Auslöser“ sein würde.
Und sogar für deinen verlustgeängstigten „Halbsohn“ kann es sich so oder so auswirken. Ein Baby bindet ja auch zusammen und – wenn es mit euch beiden gut weitergeht – ist das auch für ihn ein Nest.
Also – wie es für dich ist, ist das eine. Dass du da im Moment keine gute Vorstellung hast, ist vielleicht Teil der Depression. Du schreibst eben „im Moment“. Ja, es kann sich ändern und dann wäre das Kind – das du dir ja eigentlich gewünscht hattest – unabänderlich nicht mehr da, wenn du dich für einen Abbruch entscheidest.
Sprich: Dir geht es besser und dann tut´s dir leid. Ein Abbruch an sich kann dann sogar für sich genommen ein Auslöser für Depression werden.
Wie es für das Kind selbst ist – ist das andere. Es muss in keiner Weise eine Beeinträchtigung erfahren. Und könnte für dich sogar ein „Heilmittel“ sein. Also, nicht Mittel zum Zweck natürlich. Aber jedenfalls keine „Bedrohung“, weder für dich noch für den Kleinen Sohnemann.
Es spürt ja deine Nähe und ist erstmal unbekümmert und von dir rundumversorgt.
Kurz gesagt:
Achtung – du trägst momentan eine verdunkelte Brille und siehst die Wirklichkeit durch sie.
Und - ich weiß – das ist das wirklich Schwere an der Depression. Nicht sehen und fühlen können, was man so gerne sehen und fühlen möchte ...
Da du aber auch das Rauskommen kennst ... da denke ich, dass dir auch der Weg mit Kind offen steht.
Wenn du der Depression nicht die Regie überlässt. Denn sie ist vorübergehend. Diese Erfahrung hast du schon gemacht.
Übrigens wirkt die Hormonumstellung am Beginn einer Schwangerschaft auch nicht erheiternd. Leider. Das müsstest du auch noch einkalkulieren. Und diese Umstellung ist ja für das Kind und nicht dagegen. Auch wenn sie die Stimmung erstmal eintrübt und oft noch mit körperlichen Beschwerden einhergeht. Wie geht es dir da?
Und auch das ist wieder vorübergehend.
Also, echt viel gedrückte Stimmung auszuhalten gerade.
Da kann ich mir gut vorstellen, dass dir der Mut schwindet und der Abbruch dich eher anzieht.
Lass dir trotzdem die Zeit, die du brauchst! Du spürst vielleicht, wie immer wieder ein Aspekt neu kommt. Und dass das Helle dich anzieht, kann auch wieder kommen. Und das wäre ein gutes Zeichen mitten in der depressiven Episode.
Alles Liebe für dich!
Catie