Später Aufklärungsversuch
Liebe Lewke1,
ich war schon lange nicht mehr hier im Forum, deshalb etwas verzögert mein "Aufklärungsversuch" zu deiner Frage und den Antworten dazu.
Ich habe am 22.10.11 mit 42 Jahren meinen kleinen Sohn zur Welt gebracht. Meine Ärztin hatte mich direkt am Anfang der SS gefragt, ob ich zusätzliche Untersuchungen beim Pränataldiagnostiker machen möchte, da ich ja mit Ü35 zur "Risikogruppe" gehöre. Naja, glücklich über meine Schwangerschaft, blauäugig und arglos "ja, mache ich" ... denn ab 35 wird diese Untersuchung von der Krankenkasse bezahlt. Ich wollte ja alles richtig machen.
5 Tage vor dem Termin beim Pränataldiagnostiker war ich zu einer Routineuntersuchung bei meiner Frauenärztin. Alles gut ... und plötzlich wurde sie still. Beim US vermutete sie eine verdickte Nackenfalte. Super ... und was heisst das jetzt ? Eine auffällige Nackenfalte kann (!) ein Indiz für eine Fehlbildung des Kindes sein, muss aber nicht. Unter Fehlbildung fallen Chromosomenstörungen und organische Veränderungen - meist Herzfehler. Ich war geschockt.
Endlose 5 Tage später der Termin beim Pränataldiagnostiker ... aufgrund der Dicke der Nackenfalte, meinem Alter und ein paar weiteren Faktoren errechnete er ein statistisches Risiko von 1:10 für Trisomie 13 bzw. 18 und ein statistisches Risiko von 1:2 für Trisomie 21 (Down Syndrom).
Das sass ... der Schock lässt sich kaum beschreiben.
Um diese Vermutung zu bestätigen muss eine Fruchtwasseruntersuchung vorgenommen werden. Diese birgt allerdings auch ein kleines Risiko, dass dabei die Fruchtblase und/oder das Kind geschädigt werden. Wir haben trotzdem zugestimmt ... Aufklärung über die Konsequenzen ? Null ! Nur der Hinweis, dass man ja auch für alle Fälle schon einen Abbruchtermin festlegen müsse. Die Zeit bis zur Fruchtwasseruntersuchung war die Hölle (ich war übrigens bei einem anderen Arzt, der wesentlich sensibler mit diesem Thema umgegangen ist). Dann nochmals 3 Tage warten bis das Ergebnis des Schnelltests vorlag. Die Befürchtung wurde war ... ich erwartete einen kleinen Jungen mit Trisomie 21.
Und spätestens genau an diesem Punkt ist es immens wichtig, dass man sich darüber im Klaren wird, was man will. Für mich war trotz dieser niederschmetternden Diagnose klar, dass ich mein baby behalten werde. Mein Partner war noch unsicher - u.a. eben auch wegen unseres Alters und ob wir dem Kind überhaupt gerecht werden können. Wir haben Kontakt zu betroffenen Eltern gesucht, uns mit denen unterhalten ... v.a. haben wir uns erst einmal ein Bild vom "Down Syndrom" machen können. Das, was wir bis dahin wussten entspricht nicht im Mindesten der Realität. Ja, unser Kind wird anders sein ... aber er wird ein hoffentlich gutes, fröhliches und ausgefülltes Leben haben.
Hätten wir uns gegen unser Kind entschieden, hätten wir das offizielle Laborergebnis (das dauert ca. 3 Wochen) noch abwarten müssen. Danach Beratungsgespräche und ein SS-Abbruch. Im Detail bedeutet das, dass man eine Spitze erhält und sein Kind still gebären muss. Ich hätte das niemals gekonnt.
Zur Anmerkung von ottilotti : ja, es gibt inzwischen einen Bluttest, der mit hoher (aber nicht 100%-iger Genauigkeit) das Down-Syndrom nachweist. Dieser Test wird aber derzeit NICHT von den Kassen bezahlt. Die genauen Kosten weiss ich nicht sicher, meine aber 1.500,- gelesen zu haben. Selbst wenn dann dieser Test positiv auf Trisomie 21 testet muss eine Fruchtwasseranalyse zur Absicherung gemacht werden. Der Test gibt keine Aussage über andere genetische Fehlbildungen, die Ursache für eine verdickte Nackenfalte sein können noch lassen sich dadurch organische Schäden nachweisen.
Ich bin inzwischen wieder schwanger (ab morgen in der 22.SSW) und habe mich dieses Mal gegen eine FWU o.ä. entschieden ... wozu auch ? Es hätte für uns keine Konsequenz. Natürlich hoffe ich, dass unser Baby gesund ist - aber selbst wenn nicht : wir haben uns einmal für unser Baby entschieden und werden es auch ein 2. Mal tun.
ich möchte daher allen, die das hier gelesen haben und vor der Entscheidung stehen raten : bitte stellt euch im Vorfeld die Frage, welche Konsequenzen ihr aus dem Ergebnis ziehen würdet. Im falle des Falles lasst euch ausführlich beraten, sucht Kontakt zu Gleichgesinnten. Es wird nicht einfach ... aber wir haben unsere Entscheidung FÜR unseren Sohn nicht eine Sekunde bereut. Ich stehe gerne für Fragen zur Verfügung - bin allerdings nicht regelmässig hier online.