Im Mai 2010 wurde ich schwanger. Als ich erfuhr, dass ich schwanger bin war ich so glücklich wie noch nie in meinem Leben zuvor. Ich wünschte mir schon seit ich denken kann, ein Kind. Doch leider war etwas nicht in Ordnung. Die Nackentransparenz meines Babys war nicht gut und meine Blutwerte eine reine Katastrophe für eine 20-jährige. Mir wurde von verschiedenen Ärzten zu einer Fruchtwasserpunktion geraten, die ich durchführen liess. Ich musste auf eine Liege liegen und vor mir war eine riesige Leinwand mit dem Ultraschall. Man sah also das Kind und den Einstich der Nadel ganz gross. Der ganze Bauch und UL wurde desinfiziert usw. Dann wurde mit einer riesigen Spritze, also Nadel, durch die Bauchdecke gestochen und etwas Fruchtwasser genommen. Der Stich war zu vergleichen mit einer Blutabnahme (oder etwas mehr) Es ging also Doch als die Nadel drin war und sie das Fruchtwasser Entnahme hatte ich heftige Schmerzen. Aber das ging gleich wieder weg als sie die Nadel wieder rauszogen. Es wurde wieder desinfiziert und man kontrollierte auf dem US ob es dem Baby gut geht und ob es ein Blutgerinnsel gibt. Es war alles i.O. und der Arzt sagte wir müssen 2 Tage warten und dann zum Gespräch kommen. Ich wollte nie über ein ungeborenes Leben entscheiden. Ich war mir sicher, dass das Kind gesund sein wird. Leider wurde aber das Down-Syndrom, Trisomie 21 festgestellt. Ich war am Boden zerstört. Mein Mann und ich mussten beide weinen und für mich fiel eine Traumwelt zusammen. Ich habe nur nach dem Kopf gehandelt. Mein Herz wollte mein Kind niemals loslassen. Doch ich wusste, in unserer Situation, ohne Erfahrung würden wir das niemals mit einem behinderten Kind schaffen. Nur schon finanziell könnten wir einem behinderten nicht das bieten, was es verdient. Wir würden uns psychisch kaputt machen aber auch die Ehe würde auf dem Spiel stehen. Und das mit 20 und mein Mann ist 23! Wir haben sehr viele Gespräche mit der Familie, Freunden, Ärzten und Menschen, welche schon Down Syndrom Kinder haben geführt. Doch alle rieten uns zu einer Abtreibung. Diese Herausforderung zu meistern wäre fast unmöglich. Es war die schwerste Entscheidung meines Lebens, ich hoffe ich werde so etwas nie mehr durchmachen müssen. Wir entschieden uns deshalb für einen Abbruch. Ich war dann genau in der 16. SSW. Das Kind war schon 12 cm gross und deshalb musste ich das Kind wie bei einer normalen Geburt gebären. Ich musste auch 1 1/2 Tage im KH bleiben... Es war schrecklich...Ich wurde behandelt als wäre man der letzte Dreck...Ich bekam zuerst an einem Montag 2 Tabletten (Myfegne) und musste dann nach Hause gehen und dann 2 Tage später musste ich wieder ins KH und dann wurden mir vaginal 4 Tabletten eingeführt...Sie sagten mir ich müsse auf der Kloschüssel in einen Behälter mein Kind zur Welt bringen :( der HORROR...Natürlich wollte mein Kleiner SO nicht auf die Welt kommen...Nach grossen Schmerzen und 4 Stunden Wehen kam er immer noch nicht und dann haben sie mir nochmals 4 Tabletten eingeführt Ich hatte dann wieder etwa 2 Stunden Wehen und als er einfach nicht kommen wollte sagte meine Mutter mir ich solle ein bisschen rumlaufen und sie hatte total Recht... Eine halbe Stunde später ist mir die Fruchtblase (im Stehen) geplatzt und dann bin ich sofort aufs Bett. Die Ärzte und Krankenschwestern waren total unvorbereitet und unfreundlich. Sie haben gedacht es wäre wie eine normale Abtreibung Halloo??? Ich war im 4. Monat. Als meint kleiner Engel kam, spürte ich nur Leere und tiefste Trauer. Ich sah ihn bestimmt 10 Minuten noch an. Ich brauchte das für mich. Ich MUSSTE ihn ansehen. Auch heute weiss ich das es richtig war ihn anzusehen. Er war das SCHÖNSTE was ich jemals gesehen hatte. So hübsch und leider so unschuldig Danach wurde noch eine operative Ausschabung unter Vollnarkose gemacht. Und zuletzt noch das Schlimmste! Ich wollte mein Kind kremieren lassen und dann die Urne bekommen um sie nachher mit meinem Mann zu verstreuen...Und die Ärztin sagte mir nur, Dann können sie das Kind mit einem PLASTIKSACK nach Hause nehmen!!!!!!! Ich müsse es selber zum Bestattungsamt bringen... das war das Unglaublichste, was ich jemals in meinem Leben gehört habe... Danach habe ich dem Bestattungsamt angerufen und sie haben mir gesagt, das sei VERBOTEN, NIEMALS dürfe man so etwas machen. Das KH muss das Kind in die Pathologie (Totenabteilung) bringen und dann von dort bringt man es zum Bestattungsamt. Schlussendlich ist es dann auch so gewesen... Aber das solche Dinge in der Schweiz (Europa) passieren ist einfach unglaublich!!
Na ja ich durfte dann einen Tag später nach Hause gehen und hatte 2 Wochen Dauerblutung (stärker als Mens). Danach war eigentlich alles wieder in Ordnung. Ich bekam dann auch 1 Monat später wieder wie normal meine Periode. Es ist verheilt, doch die Wunde in meinem Herz bleibt für immer. Mein Kleiner durfte nicht Leben Manchmal frage ich mich noch immer, habe ich das richtige getan? Weiss ich was das Richtige ist? Ich glaub das weiss man NIE Ich kann heute eigentlich gut zu meiner Entscheidung stehen. Ich denke wir hätten es einfach nicht geschafft und wären unglücklich gewesen. Unser Kleiner wäre somit natürlich auch nicht glücklich gewesen. Ich wollte und will einem Kind einfach das beste Leben schenken das es verdient. Es sollte nicht gehänselt, ausgestossen und von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden (was heute bei uns leider so ist)... ich könnte mein Kind nicht leiden sehen und ihm sagen, dass es nun mal etwas anders ist als die anderen Kinder. Geschweige denn, ein weiteres Kind bekommen. Die nächsten Kinder leiden auch darunter, der Kleine steht durch seine Behinderung immer im Vordergrund. Ich möchte meine Kinder alle gleich behandeln und jedem gleich viel Zuneigung geben (soweit das natürlich möglich ist).
Ich habe es selbst bei meiner Kindheit gemerkt. Mein Bruder ist extrem hyperaktiv. Er hat das ADHS Symptom. Er nimmt täglich seit er 5 Jahre alt ist Ritalin. Er ist heute 18 und braucht es aber immer noch täglich, da er sonst wirklich nicht auszuhalten ist. Er war immer im Mittelpunkt, ich wurde immer etwas in die Ecke gestellt. UND er hatte keine Behinderung, nur eine Krankheit. Aber es ist eine schwere Entscheidung und jeder muss sie selbst treffen. Ich bewundere andere die es mit einem solchen Kind schaffen oder geschafft haben. Ich ziehe den Hut vor Ihnen und trotzdem weiss ich, wir hätten es nur sehr sehr schwer geschafft.
Wir gehen seit dem beide zum Psychiater und ich kann das nur empfehlen. Es tut sehr gut über die Probleme zu sprechen. Plötzlich erscheinen andere Probleme die man immer verdrängt oder gar nicht wahrgenommen hat.
Nun bin ich wieder schwanger ich bin überglücklich und könnte Luftsprünge machen. Ich bin jetzt in der 4 SSW.. Aber es kann sein das ich es verlieren werde Ich habe Schmierblutung und meine FÄ kann noch nichts sehen, da es einfach viiiiel zu früh ist. Aber ich hoffe es kommt alles gut, und sonst kommt es so wie es sein muss. Das ist Schicksal, ich kann es nicht beeinflussen. Aber wenn das Kind wieder Trisomie 21 hätte, dann würde ich es wahrscheinlich nicht mehr abtreiben. Ich weiss, ich stehe das ganze nicht ein zweites Mal durch. 2 Mal durch die Hölle? Nein, das geht nicht. Dann nehme ich das Kind und liebe es wie mein Leben und versuche ihm alles zu geben was es braucht. Ich werde mein ganze Kraft einsetzten solange ich leben werde.
Zum Schluss noch mal: Ich wünsche keiner Frau, eine solche Entscheidung jemals treffen zu müssen. Doch leider passiert es und man MUSS sich für oder gegen das Kind entscheiden. Ich akzeptiere jede Entscheidung, denn ich weiss wie schlimm das hin und her, ja und nein ist.
Ich wünsche Allen nur das Beste auf Erden und entscheidet für EUCH!
glg Nina