Hallo ihr Lieben.
Ich fühle mich im Moment ein bisschen allein gelassen und weiß nicht, an wen ich mich wenden soll - vielleicht finde ich ja hier jemanden, der mir ein bisschen Mut machen kann.
Ich bin zur Zeit in der 24. Woche schwanger. Die Schwangerschaft war ungeplant (trotz Pille) und hat meines und das Leben meines Freundes natürlich gehörig auf den Kopf gestellt.
Wir haben uns für das Kind entschieden, auch wenn es natürlich viele Veränderungen für uns bedeutet - für ihn einen neuen Job, bei dem er mehr verdient, für mich den Umzug in eine andere Stadt und in eine gemeinsame Wohnung und den Abbruch meiner Ausbildung zur Musicaldarstellerin, da die körperliche, zeitliche und finanzielle Belastung für mich nicht gleichzeitig mit einem Baby zu stemmen ist.
Ich bin 23 Jahre alt, habe mir immer Kinder gewünscht, nur eigentlich zu einem späteren Zeitpunkt, mein Freund ist 31. und hatte in seinem Lebensplan eigentlich keine Kinder vorgesehen, hat mir aber mehrmals versichert, dass er absolut bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und dass wir das zusammen auf jeden Fall schaffen.
Dieser Zuspruch und das Versprechen, dass er mich unterstützt waren mir eine große Hilfe, überhaupt den Gedanken zuzulassen, dass ein Abbruch (der mich persönlich wahrscheinlich psychisch ziemlich zerstört hätte) nicht meine einzige Option ist und hat mir ermöglicht, mich für unser Kind zu entscheiden.
Er ist 31, war vorher hauptberuflich als selbstständiger Bühnenkünstler unterwegs und hat jetzt erstmal noch einen Job (32St/Woche) in dem Beruf angenommen, den er ursprünglich gelernt hat, um ein bisschen mehr finanzielle Sicherheit bieten zu können.
Dafür bin ich ihm unendlich dankbar und versuche im Gegenzug, den Haushalt zu übernehmen und für Essen zu sorgen, damit er keine Zusatzbelastung neben der Arbeit hat. Ich möchte ihn gern unterstützen, wo ich kann.
Leider fühle ich mich aber mittlerweile, im Verlauf der Schwangerschaft, in meinen Sorgen und Ängsten und in der Vorbereitung alles andere als unterstützt.
Ich war bisher allein bei jedem Vorsorge Termin, mein Freund hat kein Interesse daran, das Baby mal selbst auf dem Ultraschall zu sehen. Auf die Bilder, die ich ihm natürlich trotzdem nach jedem Termin zeige, kommt kaum eine Reaktion.
Es kommt selten, bis quasi gar nicht vor, dass er mal eine Hand auf meinen Bauch legt, wenn das Kleine strampelt. Er fragt nicht, zeigt kein Interesse, wenn ich erzähle, was das Baby gerade so treibt oder getrieben hat und wirkt eher genervt, wenn ich anfange, über das Baby oder verwandte Themen zu sprechen.
Das tue ich überhaupt sehr selten, weil ich mich aufgrund seiner bisherigen Reaktionen nicht mehr wohl bei dem Thema fühle.
Ich traue mich schon gar nicht mehr, meine Sorgen und Ängste anzusprechen, weil ich ihn mit dem Thema nicht belästigen möchte.
Da ich, wie er, völlig unvorbereitet in die Schwangerschaft gestolpert bin, habe ich davon aber natürlich eine ganze Menge.
Für meine Schwangerschaftsbeschwerden hat er ebenfalls wenig Verständnis.
Sorgen und Ängste meinerseits tut er gern als übertrieben und blödsinnig ab, meistens wird er irgendwann ungehalten, wenn ich nicht gleich aufhöre, darüber zu sprechen.
Jegliche Vorbereitung, die mit dem Kind und mit der Schwangerschaft verbundenen Terminen zu tun hat, mache natürlich auch ich.
Besorgungen mache ich, Überlegungen zum Kinderzimmer treffe ich auch allein.
Meine Mutter hatte mir zu Weihnachten ein Buch über Schwangerschaft und Geburt geschenkt, in der Hoffnung, dass wir uns das mal gemeinsam angucken können. Er hat aber daran leider gar kein Interesse.
Zum Geburtsvorbereitungskurs will er auf keinen Fall mit, was mich ehrlich gesagt traurig macht und verunsichert. Mir würde es Sicherheit geben, ihn an meiner Seite zu wissen, aber ich möchte ihn natürlich auch nicht zwingen, zumal der Kurs für ihn natürlich auch Geld kosten würde.
Ob er bei der Geburt dabei sein wird, weiß ich bis jetzt nicht. Ich habe das eine oder andere Mal versucht, ihn darauf anzusprechen, er weicht dem Thema allerdings aus. Mittlerweile habe ich das Gefühl, er möchte eigentlich lieber nicht dabei sein, zögert aber die Antwort hinaus, um mich nicht zu verletzen.
Ich habe wahnsinnige Angst davor, das ohne ihn durchzustehen und weiß auch nicht, wen ich sonst mitnehmen sollte. Ich habe in der neuen Stadt keine engen Freunde und meine Mutter wohnt leider 600km entfernt.
Ich verstehe, dass ihn die Umstellung stresst und ich kann mir vorstellen, dass so eine Schwangerschaft als Mann ein ziemlich abstraktes Konzept und schwer zu greifen sein kann.
Ebenso bin ich ihm dankbar dafür, dass er sein Leben verändert hat, um uns finanziell zu unterstützen und kann nachvollziehen, dass diese Veränderung hart für ihn ist. Es verändert sich viel für ihn, was er so eigentlich nie geplant hatte und ich verstehe absolut, dass ihn das belastet.
Mich aber eben genauso - zusätzlich zu der körperlichen Belastung und der Tatsache, dass ich deutlich jünger bin als er, keine abgeschlossene Berufsausbildung habe und meinen Traum für unser gemeinsames Kind an den Nagel gehängt habe.
Ich fühle mich zur Zeit einfach wahnsinnig überfordert, unverstanden und allein gelassen. Ich weiß nicht, wohin mit meinen Ängsten und habe das Gefühl, ihn in etwas hineingezogen zu haben, was er nicht wollte und fühle mich unerwünscht und störend, ebenso wie es sich anfühlt, als sei das Kind ein Störfaktor für ihn und nur mit Stress verbunden, obwohl es noch nicht einmal auf der Welt ist.
Ich habe ihm diese Entscheidung aber definitiv nicht aufgezwungen. Seit klar war, dass ih schwanger bin habe ich ihm die Option offen gelassen, ihn da komplett rauszuhalten (ihn also auch nicht als Vater anzugeben), auch wenn ich mich für das Kind entscheide und das auch klar so kommuniziert. Er wollte das aber gemeinsam mit mir durchziehen.
Jetzt fühle ich mich wie gesagt ein bisschen hilflos und kann mich auch nicht wirklich auf das Kind freuen, weil ich eben das Gefühl habe, nur der Klotz am Bein zu sein. Ich habe einfach nur Angst und bin unsicher.
Reagiere ich vielleicht über? Wie war das bei euch? Ist es vielleicht ganz normal, dass Männer sich so verhalten?