Am 12.09. (Freitag) hatte ich kurz vor 12 Uhr den letzten Termin bei meiner Frauenärztin (da ich schon 7 Tage über dem ET war und ab 15.09. ins Krankenhaus überwiesen wurden wäre). Natürlich nahm ich Thomas (mein Verlobter) mit, wie immer.
Ich wurde ans CTG angeschlossen, aber der Wehenschreiber zeigte nur eine gerade Linie. Bei der Untersuchung gab es auch nichts Neues, Zervix ganz dünn und Muttermund 2cm offen. Das lief schon seit Wochen so, trotzdem gab es noch kein Zeichen dafür, dass sich Hendrik auf den Weg nach draußen machen würde um die große, weite Welt zu erkunden.
Um die Wehen ein bisschen in Gang zu bringen, stimulierte meine Ärztin den Muttermund, was höllisch weh tat. Dann meinte sie noch, dass es ein bisschen bluten könnte.
Nach dem Termin spazierten Thomas und ich ins nächste Einkaufszentrum, um etwas zu essen und die Zeit zu vertreiben. Auf den Weg dorthin bekam ich plötzlich leichte Wehen. Ich ging zur Damentoilette, und prompt war auch ein wenig Blut am Toilettenpapier. "Das muss der Schleimpfopf sein" dachte ich mir.
Thomas bestellte mir eine Currywurst und wir setzten uns ins Freie. Die Wehen wurden stärker (zwar nur schwach) und im Prinzip recht regelmäßig. Ich war froh als meine Schwiegermutter kam und uns nach Hause fuhr, denn ich fühlte mich total kaputt und wollte nur noch meine Ruhe.
Zu Hause wartete ich Stunde um Stunde ab und kontrollierte noch einmal, sinnloser Weise, die Kliniktasche. Natürlich fehlten noch ein paar Dinge, die ich noch nicht einpacken konnte (Haarbürste, Handy und so weiter). Um zu sichern, dass die Wehen nicht durch Aufregung kamen (wie es öfters mal vorgekommen war) entspannte ich mich beim Fernsehen schauen. Inzwischen war es nun nach 15Uhr und ich versuchte zu schlafen, was aber nicht funktionierte, da die Wehen nun aller 5 Minuten kamen. Mir war bekannt, dass man Geburtswehen von falschen Wehen durch ein schönes Wasserbad unterscheiden konnte, deshalb entschloss ich mich zu duschen (wir haben nämlich keine Badewanne). Leider war das Ergebnis ernüchternd. Die Dusche hatte keinen Unteschied gebracht, die Wehen wurden nicht stärker, aber auch nicht schwächer. Also konnte ich mir nicht sicher sein, ob es nun los gehen würde oder immer noch nicht.
Ich schrieb meiner Mum eine SMS um ihr die Lage zu vermitteln. Sie meinte ich solle ins Krankenhaus fahren. Es war ca. halb fünf als ich Thomas im Krankenhaus anrufen ließ. Die Hebamme am Telefon meinte, ich solle erst kommen, wenn die Wehen stärker werden würden. Es hieß also weiter warten. Immer schaute ich auf die Uhr, um mich zu vergewissern in welchen Abständen die Wehen kamen. Doch nach ein paar Stunden wurden sie schwächer. Na toll, also doch nichts mit "endlich gehts los"? Denkste!
Mitten in der Nacht, wachte ich nach drei Stunden Schlaf auf. Bauchkrämpfe hatte mich um meine nächtlich Ruhe gebracht, Bauchkrämpfe im Unterleib - Wehen. Sie waren diesmal total pünktlich. 3:05Uhr, 3:10Uhr, 3:15Uhr. Man konnte die Uhr nach meinen Wehen stellen. 3:45Uhr, 3:50Uhr. Ich gab Thomas (der noch wach geblieben war, da er so eine Vorahnung hatte) zu verstehen, dass es nun anscheinend losgeht.
Ich hatte zwar so lange auf diesen Moment gewartet, aber als es soweit war hatte ich plötzlich überhaupt keinen Bock mehr drauf. Es hatte noch gar nicht richtig angefangen und ich quängelte schon rum, wollte mich auch unnütz wieder schlafen legen. Leider bewegte ich Thomas somit dazu, dass er einschlief. Ich lag die ganze Zeit wach und jammerte vor mich hin.
Aller vier Minuten kamen die Wehen jetzt und es war schon halb fünf Uhr. Ich weckte Thomas wieder auf. Natürlich reagierte er sehr genervt, nach nicht einmal einer Stunde Nickerchen. Nun war die Frage: Wie zum Krankenhaus kommen? Seine Mutter schlief, also blieb nur die Wahl ein Taxi zu rufen, auch wenn sowas ins Geld geht.
Wie war das, vor der Geburt reinigt sich der Körper? Japp, genau das wars was jetzt passierte. Ich musste dringend aufs Klo, ein Geschäft erledigen. Unter Schmerzen die einen krümen, auf Toilette zu sitzen ist wirklich nicht angenehm.
Nun packte ich die restlichen Sachen zusammen, entschied mich aber kurzfristig die Cam zu Hause zu lassen. Die Geburt unseres Sohnes sollte nur für uns sein. Das war mir dann doch zu intim.
Endlich war das Taxi da. Unter der Fahrt bekam ich Schüttelfrost, mir war aber warm. Irgenwie war es mir schon peinlich, unter den When mit dem Taxi ins Krankenhaus gefahren zu werden. Sowas erlebt der Fahrer bestimmt nicht täglich.
Endlich waren wir kurz nach um fünf Uhr beim Krankenhaus angekommen. Ich hätte am liebsten einen Kaffee getrunken, denn ich war unendlich müde. Aber wir mussten uns erstmal bei der Notaufnahme melden. Es schien mir ewig vorzukommen, ich wollte mich einfach nur noch hinlegen und schlafen. Als wir endlich beim Keißsaal angekommen waren, wurde ich gleich ans Funk-CTG gelegt. Der Muttermund war nun schon drei Zentimeter geöffnet und die Wehen ließen mich jedes mal aufstöhnen. Auf der Anzeige gingen sie hoch bis 127, schöne, große Wellen die bis über die Anzeige gingen. Ich hatte ständig wieder Schüttelfrost, obwohl es warm war im Raum. Ich jammerte immer mehr mit jeder Wehe, zwischendurch nickte ich kurz weg. Thomas schlief im Sessel neben dem Bett, auf dem ich lag und ab und zu kam eine Hebamme und schaute nach uns. Nach zwei Stunden hieß es wir sollten ein bisschen spazieren gehen (wieder zur Notaufnahme und bescheid geben, dass ich da bleiben solle), aber spätestens in einer Stunde sollten wir uns wieder im Kreißsaal melden. Außerdem bekam ich noch ein Zäpfen gegen die Schmerzen, welches seine Wirkung nicht verfehlte.
Wieder im Kreißsaal angelangt wurde per Ultraschall die Position des Kindes kontrolliert. Der Arzt meinte, dass mein Sohn gar nicht mal so groß wäre. Wahrscheinlich leitete er seine merkwürdige Feststellung von meiner Bauchgröße ab (ich hatte ein wirklich kleinen, aber hübschen, prallen Bauch). Zumindest war bei der Untersuchung, wie erwartet, alles in Ordnung.
Wieder mal hieß es weiter warten. Mir wurde plötzlich übel, nuschelte noch sowas wie: "'Thomas, ich glaub ich muss kotzen..." und ich mich versah erbrach ich vors Bett auf dem Boden. Mein Schatz sagte gleich der anwesenden Hebamme bescheid, die sich dann um die Sauerei kümmerte. War das peinlich.
Inzwischen war Schichtwechsel bei den Hebammen. Ich hatte solch ein Glück, denn ich bekam genau die Hebamme, die ich mir insgeheim für die Geburt gewünscht hatte. Leider verlor das Schmerzmittel mit der Zeit seine Kraft und ich wimmerte wieder los. Meine Hebamme bot mir an, zur Entspannung die Wanne zu benutzen. Dieses Angebot nahm ich natürlich dankend an, da ich auf diese Einladung gewartet hatte.
Anfangs war es mir noch peinlich, mich ganz nackt vor fremden Leuten auszuziehen, glücklicher Weise bekam ich ein Handtuch mit in die Wanne gereicht und nach einer Weile war es mir dann auch egal, ob man meine Brüste und Intimbereich sieht oder nicht, immerhin sehen die Leute sowas jeden Tag. Es war eine Wohltat im warmen Wasser zu liegen. Ich versuchte die Wehen richtig zu veratmen und wurde auch immer gelobt, anscheinend machte ich es richtig, auch wenn es mit jedem Mal schwerer viel. In der Zwischenzeit besorgte mein Mann Frühstück von dem Bistro auf der Station. Ich sollte eigentlich etwas essen, aber ich hatte absolut keinen Appetit. Stattdessen erbrach ich noch mehrere male, diesmal jedoch gezielt in den Müllsack, den Thomas mir reichte, oder diese Pappschälchen.
Ich bekam eine Infusion mit Antibiotika. Die Wehen wurden immer heftiger. Ich drehte und wendete mich, doch unter den Wehen gab es eben keine wirklich angenehme Haltung, deshalb verlangte ich eine PDA. Doch ich bekam vorerst nur eine andere Infusion mit einem Schmerzmittel (auf dessen Wirkung ich vergebens wartete), da erst noch geschaut werden sollte, wie weit der Muttermund offen war. Im Nachhinein bin ich mir sicher, dass das nur eine Kochsalzlösung war.
Was ich als sehr praktisch empfand, war das Seil welches über der Badewanne hing, denn ich könnte mich immer wieder daran festhalten, wenn sich eine Wehe anschlich. Dann sollte geschaut werden, wie weit die Geburt vorrangeschritten war, das hieß dann rauß aus der warmen Wanne, ab ins Bett. Sechs Zentimeter. Ich fragte wieder nach einer PDA, denn die Schmerzen waren zum Heulen. Die Hebamme meinte hingegen: "Wenns weiter so schnell geht, hast du vor Mittag noch dein Kind. Eine PDA würde die Geburt nur verlangsamen.".
Um die Wehen besser verarbeiten zu können stand ich immer wieder vom Bett auf und ging umher, stützte mich auf dem Bett ab und ich schrie und heulte auf, stöhnte und jammerte. Ich bettelte nach einer Weile sogar um Schmerzmittel, doch ich bekam keine mehr.
In den Wehenpause spürte ich sogar ein kräftiges Ziehen im Lendenbereich und einen Druck nach unten. Thomas massierte mich mit irgendetwas öligem, was gut tat. "Neuneinhalb Zentimeter und die Fruchtblase ist ganz prall." Die Zeit verstrich. Meine Hebamme ließ endlich die Fruchtblase platzen. Ich merkte wie es ganz heiß heraus lief. Wehen waren nun der schlimmste Schmerz den ich je gespürt hatte. Aber es ging erst noch richtig los: die Presswehen.
Ich sollte mich im Bett auf alle Viere begeben und falls eine Wehe käme mitpressen. Die erste Presswehe fühlte sich sehr merkwürdig an. Ich hatte das Gefühl, richtig großen Stuhlgang zu haben, der sich selber rauspresst. Dann war kurz Ruhe. Schon die nächste Wehe und ich drückte mit. Ich sah wie mehr Fruchtwasser und Blut aus mir heraus lief, es tat weh und ich schrie. Dauernd wurde ich ermahnt "richtig" zu atmen, aber es ging nicht. Die Hebamme gab Thomas ein Schläuchen aus dem Sauerstoff kam. Ich machte es meinem Verlobten nicht einfach. Da ich immer den Kopf wegdrehte (es stank so nach Anis). Dadurch hatte er Probleme mir das Ding vor die Nase zu halten. Ich heulte und schrie weiter von wegen:" ...Ich kann nicht mehr...", "AAAAAAAHHHHH", und, "...NEEEEIIIIN ... Ich will nicht mehr", doch es half alles nichts, das Kind musste ja raus. Zwei oder drei Wehen lang durfte ich nicht mehr mit drücken, um meinem Baby eine Ruhepause zu genehmigen. Ich hatte den Drang weiter zu machen, das war echt hart. Schließlich sollte ich mich nun auf den Rücken legen, die Beine angewinkelt und immer wieder fleißig mitpressen. Ich merkte wie der Kleine immer weiter rutschte, wie sich alles dehnte unter Schmerzen. Als ich nach unten zu meinen Beinen schaute, traf mich der Schlag. Eine Schere. "Scheiße!! Jetzt werd ich geschnitten!" und dann kam schon dieses ekelhafte Geräusch, doch ich vernahm kein Gefühl.
Kurz darauf: "Der Kopf ist schon zu sehen, er hat ganz viele Haare.", hörte ich meine Hebamme. Irgendwie gab mir dieser Satz Kraft. Ich presste so stark wie ich nur konnte. Mir schoss das Blut in den Kopf, ich dachte: "Gleich platzt mir das Hirn aus den Ohren". Und nocheinmal pressen. Der Hendrik Köpfchen war draußen. Kurze Pause und weiter pressen und der Arzt drückte zur Unterstützung auf meinen Bauch. Pause. Wieder pressen. Endlich zog sie ihn raus- GESCHAFFT! Ich hörte mich erleichternd, glücklich wimmern. Hendrik war geboren am 13.09.08 um 13:43Uhr.
Ich war so froh, ich hatte es geschafft, wir hatten es geschafft.
Thomas musste sich beherrschen, dass ihm nicht die Tränen kamen, so gerührt war er. Hendrik war ganz blau, ein bisschen blutig, keine Käseschmiere und ein richtiger Wonnepropen. Thomas durchtrennte die Nabelschnur. Alle waren erstaunt was für ein Großer Hendrik doch war, trotzdem kam die richtige Überraschung beim Wiegen: 4080g schwer! Der Kopfumfang auch nicht ohne: 36cm und Hendrik war stolze 51cm lang. Ein gesunder, munterer Junge.
Tiefer Scheidenriss und geschnitten, fast 10kg auf einmal abgenommen, kaum Schlaf. trotzdem sah ich relativ fit aus und mein Bauch war wieder flach (das war wohl alles nur Baby).
Es waren wunderschöne Qualen, es war eine traumhafte Geburt, ich wurde vorbildlich unterstützt und ich bin so stolz auf meinen Mann, meinen Jungen und auf mich selbst.