Liebe Gofems', seit 2011 bin ich stille Mitleserin und hab mir hier viele Tipps " abgelesen" sowie Geburtsberichte verschlungen. Hier nun meine Erfahrungen, evtl macht es ja der einen oder anderen Mut. Ich will keine Diskussion über Pro&Contras irgendwelcher Gesinnungen entfachen, einfach nur unsere sehr schöne Geburtserfahrung teilen:
Dies ist meine zweite Geburt nach meiner ersten Tochter, damals 2012 eine primäre Sectio aufgrund Beckenendlage. Den Eingriff fand ich an sich nicht schlimm, die Tage danach mit Schmerzen, Anpassungsschwierigkeiten, Stillproblemen und Heulattacken wollte ich aber nicht nochmal erleben müssen. Dieses Mal wünschte ich mir eine selbstbestimmte und sanftere Geburt und kam durch Recherchen im Web auf Hypnobirthing. Der Kurs machte mir viel Mut in die natürlichen Fähigkeiten meines Körpers. Als sonst sehr rationaler Mensch und ziemlich desillusioniert durch unsere Vorgeschichte muss ich aber gestehen, dass es da trotzdem immer den kleinen, leisen Zweifel gab, dass es trotz guter Vorbereitung doch nicht klappen könnte...
Da der ET 14.06 noch so fern schien und es auch sonst wenig Anzeichen einer eventuellen baldigen Geburt gab, entschlossen wir uns spontan, das schöne Pfingstwetter mit einem Kurzurlaub bis Pfingstmontag mit unserer Tochter an der Ostsee zu genießen. Kliniktasche mit allem drum und dran wurde eingepackt, aber kein weiterer Gedanke dran verschwendet. Wir waren tiefenentspannt und verbrachten schöne Tage am Strand, überlegten sogar, den Dienstag noch dranzuhängen, fuhren dann aber doch Montags zurück nach Hause.
Montagnacht verlief auch gut, aber irgendwas war da schon anders, richtig in Worte fassen kann ich es gar nicht, als ob ich mich nach dem Wochenende, wo ich zugegebenermaßen wenig an Hypnobirthing dachte ;), erst so richtig fokussieren konnte, was denn die nächste Zeit passieren könnte. Die Gedanken kreisten viel um die bevorstehende Geburt, ob wir es so umsetzen werden können, wie gewünscht und so intensiv geübt, die Wahl des Geburtortes richtig sein würde, wann es los geht, wie es anfängt.... Ich schlief erst gegen Mitternacht ein, trotz Regenbogenentspannung, die sonst DIE Einschlafgarantie der letzten Monate war.
Der Dienstag startete ganz normal. Gegen späten Vormittag machte ich noch kleinere Besorgungen und erst beim Discounter an der Kasse merkte ich kurz auf, weil es irgendwie "nasser" wurde. Na toll, nun nicht nur hochschwanger, sondern auch noch inkontinent auf die letzten Tage... Mehr Gedanken verschwendete ich nicht mehr drauf, bis ich zu Hause aus dem Auto stieg: Hose komplett nass, wie im schlechten Film hatte sich beim Einkauf meine Fruchtblase geöffnet.
Ich wusste im ersten Moment nicht so richtig was mit mir anzufangen, mein Plan war doch ganz anders: Die ersten zarten Wellen Nachts, ausgeruht und entspannt im Kerzenschein mit Musik und in der Wanne...
Das Getropfe nervte, die Einkaufstaschen nervten, ich nervte mich selber. Mein Mann nahm mich in Empfang, checkte schnell die Lage und sagte alle Termine ab und wir fingen langsam an uns zu sammeln.
Ich machte es mir trotzdem in der Badewanne gemütlich, hörte die CD an, sagte meiner Hebamme bescheid und wir entschieden uns, ganz ohne Eile in die Klinik aufzubrechen. Durch den ersten Kaiserschnitt hatte ich mich für eine Geburt in einer nahen, kleinen, gemütlichen Klinik entschieden, bereit für jede Wende, die diese Geburt auch nehmen mag... Das war gegen 11:15.
Wir kochten uns noch was Leichtes, bereiteten alles für unsere große Tochter vor, die nebenan bei Oma und Opa bleiben konnte und machten noch eine kleine Mittagstunde, Wellen spürte ich noch keine. Gegen 14 Uhr rief ich im Kreissaal an, schilderte ohne Zeitangaben meine Lage und wir fuhren ohne Hektik los. Eine nette Hebamme empfing uns, wir ließen uns auf eigenen Wunsch erstmal nur Prestationär aufnehmen, wenn der Befund es zuließe, wollten wir wieder nach Hause. CTG zeigte leichte regelmäßige Wellen, alle anderen Untersuchungen aber einen geburtsunreifen Befund, also entließen wir uns selber. Seitens der Ärzte und Hebammen nach Blasenöffnung natürlich nicht gern gesehen, aber mein Gefühl war gut und ab 15 Uhr wieder zu Hause konnte ich gut entspannen. Wir schauten DVD, aßen Eis und einen scharfen, mit Piripiri gewürzten Sandwich, ich sass viel kreisend und schaukelnd auf meinem Gymnastikball, danach wieder in die Wanne, es kamen leichte Wellen, so ca alle 7 min., entspannt atmend genoss ich die Zeit.
Gegen 20 Uhr fuhren wir wieder in die Klinik, die Wellen wurden intensiver, ich fühlte mich gut und atmete einfach lang und tief. Noch waren wir die einzigen werdenden Eltern, es war ein ruhiger, etwas schwülwarmer Abend. Wir bekamen einen
gemütlichen Kreissaal in warmen Tönen sowie ein Familienzimmer, wo wir unsere Sachen abstellten. Gegen 21 Uhr entschied ich mich für den von der Hebamme empfohlenen Rizinusscocktail mit Saft, Sekt und Mandelmuß, danach wollten wir versuchen zu schlafen um Kraft für die nächsten Phasen zu tanken. Insgeheim rechnete ich nicht vor nächsten Vormittag mit was " Ernstem", es ging mir gut, ich fühlte mich wohl und fokussiert.
Doch gegen 22:30 wurden meine Wellen intensiver und mir richtig übel, ich erbrach den Cocktail und pustete schon ordentlich mit den Wellen. Zurück im Kreissaal bekam ich auf Wunsch ein mobiles CTG um, um meinen Bewegungsdrang während der Wellen nachzugehen. Es störte mich nicht. Im Stehen und Hüftewackelnd konnte ich meinen Wellen am besten begegnen, ich fing an zu tönen, es tat mir einfach nur gut. Die Hebamme ließ uns fast die ganze Zeit unsere Ruhe, mein Mann war einfach für mich da, massierte, drückte, gab mir zu essen/ trinken und kalte Waschlappen, sprach mir Mut zu und erinnerte mich an den Sinn des Ganzen, wenn mich der Mut verließ. Ab 1:30 Uhr verlor ich das Zeitgefühl und ich muss ehrlich sagen, dass ich trotz guter Atemtechnik böse Schmerzen während der Wellenspitzen hatte, es zog sehr unangenehm in meiner Kaiserschnittnarbe, durch Visualisieren und tief atmen/ Tönen wurde es abgemildert, aber richtig gegenanatmen und mich entspannen fiel immer schwerer. Zwischendurch musste ich leider immer mal wieder brechen. Wir probierten die Wanne aus, aber mir fehlte die Bewegungsfreiheit, das warme Wasser war zwar angenehm, aber ich wollte recht schnell wieder raus. Irgendwann konnte ich nicht mehr stehen und wir bauten das Bett so um, dass ich aufrecht sitzen oder mich auf Knien auf die Rückenlehne stützen konnte, Stillkissen unter die Knie und neben den Kopf Kissen, so dass ich zwischen den Wellen mich anlehnen und eindösen konnte.
Zwischendurch bat ich um Schmerzmittel, so langsam kosteten die Wellen mich zu viel Kraft und ich brauchte eine Pause, ich bekam auch dann erst den ersten Zugang gelegt, das war wohl gegen 2/3 Uhr. Zwischenzeitlich kam eine neue Hebamme dazu, aber ich war so konzentriert und bei mir, die Augen fast die ganze Zeit verschlossen, es war mir fast schon egal, Hauptsache mein Mann war da mit dem kalten Waschlappen und Wasser, mein Körper wusste was er tat und darauf vertraute ich. Dann ging es in die Geburtsphase und diese intensivsten Wellen waren eine Urgewalt und einfach nur erlösend, anders kann ich es nicht beschreiben. Gegen den Drang mitzuschieben konnte und wollte ich nichts machen, die J-Atmung half ungemein, aber ein sanftes "Herausatmen" des Babys, wie ich es mir ausgemalt hatte, war mir nicht möglich. Die Wellen kamen nun in immer kürzeren Abständen und der Muttermund war noch nicht ganz bereit, ich bekam einen leichten Hemmer, der mir wortwörtlich Luft verschaffte und das Baby schob sich nun langsam durch das Becken. Als ich das Köpfchen und die ersten Haare fühlen konnte war das eine ungemeine Motivation. Die Atmosphäre war, bis auf mein immer lauter werdendes Tönen, ruhig & entspannt, das Licht gedämmt, irgendwann kam ein Arzt hinzu, ich hatte aber keine Lust die Augen zu öffnen und schulte nur kurz mal hin als man mich drum bat. Es fing an zu Gewittern, das bekam ich mit, die anderen unterhielten sich über Ronja Räubertochter, dass es im Buch genauso war... Langsam spürte ich, dass das Köpfchen ganz durchkam und das jemand mit heißem Kaffe als Dammschutz zugange war und so langsam wurde mir klar, dass wir es wirklich schaffen würden, unser zweites Kind würde tatsächlich natürlich zu uns kommen. Die letzte Welle kam und ich schob das Baby auf diese Welt. Da lag es, keiner konnte sehen was es ist, ich hob es vorsichtig auf meinen Bauch und wollte es auch gar nicht genau wissen. Es war geschafft, 3:53 Uhr, es war da, es atmete & meckerte, wurde mit Tüchern bedeckt und wir in Ruhe gelassen.
Erst über eine Stunde später schauten wir kurz nach, ein Mädchen :-)
Die Hebamme zeigte uns noch die Plazenta, wir durften noch ganz viel alleine kuscheln, habe leider trotz Dammmassage und - Schutz einen Dammriss 2. Grades abbekommen, aber nichts schlimmes, meine Hebamme meinte nur:" Sollbruchstelle". Wir bekamen Frühstück in den Kreissaal, die U1 wurde später in aller Ruhe gemacht, ich konnte aufstehen und duschen. Wir wurden ganz liebevoll betreut, alle Formalitäten ohne Stress geregelt und knapp 5 Stunden nach der Geburt wurden wir ambulant nach Hause entlassen.
Nicht ganz so sanft und schmerfrei wie erhofft, aber es war eine gute Geburt, in der ich viel Gelerntes anwenden konnte. Ohne unser Vertrauen in uns und das Baby wären wir wohl nicht noch mal nach Hause gefahren, aber es war genau richtig und die ambulante Entbindung auch die beste Entscheidung, wir sind alle sehr entspannt. Stillen klappt gut, sie ist sehr ausgeglichen, auch nach ca 14 Tagen von Babyblues noch keine Spur :-)
J.onn.a , 3660 g, 51 cm, Kopfumfang 35,5 cm