Is schon ne Weile her, aber vielleicht gibts da ein paar damen, denen man hiermit ein wenig die angst nehmen kann:
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29.08.07, 4.05 Uhr, blickte ich zum ersten mal an diesem Tag bewusst auf die Uhr. In 45 Minuten läutet der Wecker und mir ist aus Erfahrung bewusst, dass ich das Weiterschlafen bis dahin knicken könnte. Also lag ich wach, grübelte und wälzte mich. Als der Wecker läutete stand ich auf, machte Robert ein Frühstück und richtete ihm die Brotzeit für die Arbeit her. Er fuhr dann gegen 5.15 Uhr los in die Arbeit und ich beschloss, mich auf der Couch lang zu machen und zu hoffen, noch mal einzuschlafen. Dem war leider nicht so. Das Sat1-Frühstücksfernsehen langweilte mich auch nur und so beschloss meine Tochter: Machen wa mal Action!
Um 6.00 Uhr (ziemlich genau) begannen also die ersten Wehen, die ich nicht sofort als diese bezeichnen wollte. Ich wartete also und lies die Zeit verstreichen, um einen wiederholten Fehlstart ins Krankenhaus zu vermeiden. Die Wehen waren noch gut auszuhalten, ich atmete brav und beobachtete die Uhr. Schon alle 5-7 Minuten kamen also Kontraktionen, doch ich wartete weiter. Tat noch nicht genug weh für meine Vorstellung von Wehen. Um 8.00 Uhr dann wurden die Wehen schmerzhafter und mir wurde langsam bewusst, dass es sich wohl um echte Wehen handelte. Um dies jedoch zu bestätigen, stieg ich in die Wanne, in der dann nichts weiter passierte. Gleichbleibende Kontraktionen, eher entspannter. Doch nach dem Verlassen der Wanne wurde schnell klar: nun gehts wohl los!
Noch überlegte ich, selbst ins Krankenhaus zu fahren, um erst mal bestätigen zu lassen, dass es wirklich los geht, bevor ich Robert aus der Arbeit scheuche. Jedoch scheiterte dieser Versuch bei dem Gedanken an eine Fahrt, bei der ich alle 3 Minuten stehen bleiben müsste, um mich irgendwo fest zu halten ... und das gute 15 km weit!
Also rief ich gegen 10.00 Uhr Robert in der Arbeit an, der sich wieder einmal mein Geheule anhören durfte: Du, mach dich bitte schnell auf den Weg *schluchz*, ich denke, es geht nun wirklich los *schluchz*! Er ging dann noch duschen auf Arbeit (ja, wollte halt nicht stinken im Kreißsaal, war ja nett gemeint... ) und kam eine halbe Stunde nach meinem Anruf zuhause an. Dort fand er mich heulend aus Freude, dass es los geht und aus Angst, was uns bevor steht auf der Couch im Vierfüßlerstand und meinte: Na, dann pack mas!
Im Auto versuchte er mir noch während der Wehen irgendwelche Geschichten zu erzählen, doch als ich nicht antwortete, sondern nur schmerzerfüllt vor mich hin atmete, wurde ihm wohl langsam bewusst, dass es wirklich heftige Schmerzen waren, die ich da erlebte und er fragte: Tut das wirklich so weh? ... Gut, dass ich da gerade eine Wehe hatte, denn die Antwort wäre sicher nicht sehr freundlich ausgefallen ;-)
Um elf waren wir im Krankenhaus. Die Hebamme erwartete uns bereits und schloss mich direkt ans CTG an, welches für meine Begriffe zu schwache Wehen schrieb für das was ich empfand. Dies sollte sich jedoch schnell ändern. Die Muttermunduntersuchung ergab das erschreckende Ergebnis: 3-4 cm geöffnet. Man muss dazu sagen: Tags zuvor war er bereits 2-3 cm offen und das ganz ohne Wehen. An diesem Tag, nach bereits 5 Stunden wehen, öffnete sich ein ganzer weiterer cm. Erschütternd!
Aber: ich fühlte mich rundum wohl, gut aufgehoben und gut behandelt. Und jegliche Gedanken an Schamgefühl, Zweifel oder Ähnlichem waren so was von verschwunden ...
Ich wehte dann so etwa 2 Stunden im normlen Kreißsaal im Vierfüßlerstand und in Seitenlage vor mich hin, bis ich drauf kam, dass ich ja ursprünglich in der Wanne entbinden wollte. Diese wurde dann eingelassen und ich siedelte um. In der Wanne war ich dann weitere 2 Stunden, wovon ich mich die erste Stunde recht wohl fühlte und die 2. Stunde am zweifeln war, ob das nun noch die richtige Örtlichkeit für mich war. Robert bemerkte das auch und kommentierte nur: Das gibts doch nicht. Kann man da nichts machen? Er war sehr tapfer, mir sehr hilfreich, wischte ständig mit dem kalten Waschlappen meine Stirn ab und hätt ich nicht solche Schmerzen gehabt, hätte ich vor Rührung geheult!!!
Die Wehen wurden inzwischen so stark geschrieben, wie ich sie empfand und nach 8 Stunden platzte mir in der Wanne endlich die Fruchtblase (grünes Fruchtwasser was wohl heißt, dass die kleine darin schon gekackt hatte). Dies hatte zur Folge, dass die Wehen nun noch heftiger wurden und der Kopf nun richtig spürbar nach unten drückte. Problem: Der Muttermund öffnete sich nicht weiter als gute 9 cm und hielt somit den Kopf zurück. Also musste die Hebamme während mehrerer Wehen und während ich drückte mit den Fingern den Muttermund über das Köpfchen schieben, was mehr als schmerzhaft und die Erfahrung nicht wert war. Aber wir überstanden auch dies und ab diesem Zeitpunkt war klar: Raus aus der Wanne, zurück ins Kreißbett und arbeiten. (Zuvor durfte ich noch ein Stückchen Kopf und Haare unserer Tochter tasten. Ein wahnsinns Moment!)
Dort blickte ich um 15.30 Uhr das letzte mal auf die Uhr, ab da hatte ich die Augen geschlossen und presste was nur ging. Robert hielt mich am Rücken und an der Hand und schob mich bei jedem Pressen nach vorne, feuerte mich an und unterstützte mich mehr als grandios. Er sah das Köpfchen immer raus kommen und am Ende der Presswehe wieder reinflutschen und war schon langsam frustriert, weil er nicht verstehen konnte, dass der Kopf nicht endlich draußen blieb. Als er dies tat hatte ich das Gefühl, er würde das Kind auf die Welt bringen, so motiviert war er plötzlich. Er drückte mich nach vorne, schrie mich an, ich solle pressen und noch mal Luft holen. Nicht aufhören. Weiter pressen! ... Wahnsinn. Ich kann nur sagen: Wahnsinn! Ich liebe ihn!
Um 15.54 forderte mich die Hebamme Petra auf nur noch zu pusten: pust, pust, pust, pust ... weiter, weiter, weiter und plötzlich machte es *flatsch* und ein rot-weiß-rosa Haufen Kind und Fruchtwasser und was sonst noch so raus kam lagen mir zwischen den Beinen. Robert war fassungslos und meinte: Wow ist die groß (mit Blick auf meinen Bauch) und ich meinte Wow, ist die klein (ausschließlich mit Blick aufs Kind). Sie wurde mir dann unmittelbar auf den Bauch gelegt, Robert nabelte sie ab und ich legte sie dann direkt an die Brust, die sie sofort liebte und testete.
Die Ärztin spritze mir ein Mittel, damit sich die Plazenta löst, was auch etwa 10 Minuten darauf geschah, nachdem ich noch einmal pressen sollte. Danach nähte sie meine drei Risse, was zwar nicht angenehm war, wovon ich aber Dank Marlene im Arm, gut abgelenkt war. Marlene wurde gewogen, gebadet und angezogen und verbrachte dann einige Zeit in Papas Armen. Wir zogen dann um vom Kreißsaal ins Familienzimmer und informierten dann die frisch gebackenen Großeltern, die sich alle sehr freuten!
Ich kann nur sagen: So schmerzhaft eine Geburt auch ist und so viele Momente es auch gibt, in denen man am liebsten aussteigen und Heim gehen möchte, in denen man schreit und plärrt, in denen man heult und verzagt, in denen man sich wünscht, man träumt nur sehr schlecht ... man schafft es, man hat die Kraft, wenn man das auch nicht glauben kann und es ist das beste, was einer Frau passieren kann, so ein wahnsinnig schönes Lebewesen auf seinem Bauch liegen zu haben und zu erfahren was es heißt Mama zu sein!