Ich habe mich dazu entschlossen, hier meinen Erfahrungsbericht zu veröffentlichen, da ich hoffe, vielleicht einigen Frauen eine Hilfe zu sein:
Ich bin 34 Jahre alt, und lebe seit 8 Jahren mit meinem Freund glücklich zusammen. Für uns ist es klar, dass wir zusammen bleiben möchten. Ein Trauschein ist uns nicht wichtig. Kinder sind für uns auch kein Thema, ich habe bis jetzt keinen Kinderwunsch und er auch nicht. Auch jetzt mit Mitte 30 höre ich keine biologische Uhr ticken.
Wieso das so ist, weiß ich nicht, es gibt halt Frauen mit einem Kinderwunsch, und Frauen, die keinen Kinderwunsch empfinden. Ich gehöre nun mal zu der zweiten Gruppe. Der Gedanke an ein eigenes Kind ist nichts, was positive Gefühle bei mir auslöst. Dabei bin ich kein Kinderhasser: Kinder im Freundes- und Bekanntenkreis finde ich toll, spiele gerne mit ihnen, genieße es am Ende des Tages aber auch, dass die Kinder mit ihren Eltern nach Hause gehen, und mein Freund und ich den Tag alleine ausklingen lassen können.
Ich habe als Verhütung eine Zeit lang den Nuvaring genutzt. Nach 21 Tagen wird der Nuvaring für 7 Tage entfernt. In dieser Zeit bekommt man seine Periode. Nach den 7 Tagen habe ich den Nuvaring nicht rechtzeitig wieder eingesetzt, ich war beruflich auf Reisen und hatte den Nuvaring zu Hause vergessen. Der Plan war, bis zur nächsten Periode zu warten, und dann wieder mit dem Ring zu starten, und in diesem Zyklus mit Kondomen zu verhüten. Das haben wir auch gemacht, allerdings ist nach dem Sex das Kondom abgerutscht, und dabei ist wohl Sperma in meiner Vagina ausgelaufen.
Dann kam der Zeitpunkt, wo meine Periode hätte kommen sollen. Als sie nicht direkt kam, habe ich mir nicht direkt Gedanken gemacht. Erstens ist es normal, dass man, wenn man die hormonelle Verhütung unterbricht, nicht direkt punktgenau die Blutungen bekommt, und zweitens hatte ich einige Tage lang ein Unterleibsziehen, was ich als Ankündigung der Periode kenne und als solches interpretiert habe. Als dann nach einer Woche trotz Unterleibsziehen die Periode ausblieb, habe ich mir nach der Arbeit einen Schwangerschaftstest in der Drogerie gekauft, und am Abend zusammen mit meinem Freund gemacht. Der Test war positiv. Für mich war es so, also ob jemand den Boden unter meinen Füßen weggerissen hätte, ich konnte es kaum glauben. Ich habe noch gehofft, dass der Test fehlerhaft ist. Am nächsten Tag bin ich dann direkt zu meiner Frauenärztin gegangen, und die hat die Schwangerschaft bestätigt, 6 SSW. Am Abend haben mein Freund und ich darüber gesprochen, was wir machen sollen. Er hat mich zu keiner Entscheidung gedrängt, und wäre, egal wie meine Entscheidung ausgefallen wäre, an meiner Seite. Für mich stand jedoch relativ schnell fest, dass ich einen Abbruch in Erwägung ziehe. Er hat mir im Nachhinein nach dem Abbruch gesagt, dass er persönlich erleichtert über meine Entscheidung war. Ich hatte dann sehr kurzfristig einen Tag nach meinem Frauenarzt-Besuch einen Beratungstermin bei Donum Vitae bekommen. Ich hatte die Befürchtung, dass die Beratung darauf ausgelegt ist, Frauen umzustimmen. Um so mehr war ich positiv überrascht: ich habe der Dame bei Donum Vitae dargelegt, dass ich keinen Kinderwunsch habe, und nicht aus finanziellen oder anderen Gründen abtreiben möchte. Die Frau war sehr freundlich und verständnisvoll, und ich habe den Beratungsschein bekommen. Außerdem wurden mir direkt zwei Stellen genannt, wo ich den Eingriff vornehmen lassen kann. Ich habe mich für eine Frauenarztpraxis entschieden, die mir von der Dame von Donum Vitae empfohlen wurde, und habe direkt nach dem Beratungsgespräch einen Termin vereinbart. Drei Tage später hatte ich den Termin in der Frauenarztpraxis, in dem der Eingriff besprochen wurde. Mir wurden der medikamentöse Abbruch und der Abbruch durch Absaugung erklärt, und ich habe mich für die Absaugung entschieden. Zwei Tage später war dann der Termin für die Absaugung. Mein Freund hat sich 2 Tage frei genommen, und hat mich morgens zur Frauenarzt-Praxis gefahren. Ich habe eine Tablette bekommen, die dafür sorgt, dass sich der Muttermund öffnet. In der Zwischenzeit wurde ich in ein Zimmer gebracht, in dem ich mich ausziehen und ein OP-Kittel anziehen musste. Dann kam eine Arzthelferin herein, die mich in den Frauenarzt-Raum gebracht hat. Dort stand ein normaler Frauenarztstuhl, auf dem ich mich hinlegen musste. Neben dam Frauenarzt war der Anästhesist und zwei Praxismitarbeiterin anwesend. Der Anästhesist hat mir dann das Narkosemittel gespritzt, und ich bin eingeschlafen. Aufgewacht bin ich dann nach dem Eingriff im Aufwachraum. Eine Praxismitarbeiterin hat gesagt, ich solle langsam aufstehen, da manche Frauen nach der Narkose Kreislaufprobleme haben. Ich hatte allerdings keine Probleme, und bin relativ schnell aufgestanden und habe eine Tasse Tee bekommen. Nach 10 Minuten im Aufwachraum habe ich mich angezogen, und habe eine Binde bekommen, da man nach der Absaugung bluten kann. Ich hatte dann noch ein Gespräch mit dem Arzt, der gesagt hat, dass alles unproblematisch verlaufen ist. Ich habe von ihm einen Nuvaring bekommen, den ich abends direkt einsetzen sollte, und Schmerzmittel für zu Hause. Mein Freund hat mich dann nach Hause gebracht, und hat mich den Tag umsorgt, was allerdings gar nicht notwendig war, da es mir rein körperlich gesehen sehr gut ging. Außer am Tag des Abbruches hatte ich keine Schmerzen, und ich habe auch nur an diesem Tag noch etwas geblutet. Danach hatte ich körperlich keine Probleme. 2 Tage nach dem Abbruch bin ich wieder arbeiten gegangen.
Psychisch habe ich auch keine Probleme mit dem Abbruch. Selbstverständlich ist es kein Eingriff, den man einfach so macht. Von dem Zeitpunkt, als die Schwangerschaft vom Frauenarzt bestätigt wurde, bis zum Abbruch, habe ich immer wieder in mich hinein gehört, ob sich etwas bei mir tut, ob ich vielleicht Muttergefühle entwickle, aber das war nicht so. Trotzdem trifft man diese Entscheidung auch nicht einfach so, und ich war mir auch der Tragweite der Entscheidung bewusst. Durch diese Entscheidung wird potentielles Leben verhindert. Jedoch ist ein Fötus für mich noch kein Leben, sondern wie ich gerade geschrieben habe, potentielles Leben. Ich bin ganz klar Pro Choice: die Frau, und nur die Frau hat zu entscheiden, ob sie das Kind gebären möchte oder nicht. Ungewollte ein Kind zur Welt bringen zu müssen, ist schlimm, genauso wie ungewollt aus sozialem Druck oder auf Druck des Partners abtreiben zu müssen.
Der Abbruch war im April, und ich komme gut damit klar. Schuldgefühle oder psychische Probleme hat ich nicht. Eine gute Freundin ist kurz danach (gewollt) schwanger geworden, und auch das hat nichts geändert. Ich kann mit ihr ihre Schwangerschaft genießen, ohne im Nachhinein den Abbruch zu bereuen.
Warum ich gut damit klar komme? Erstens es war meine eigene Entscheidung, ich habe es nicht aus Druck oder sonstigen externen Faktoren heraus gemacht, sondern weil ich das Kind nicht wollte. Natürlich kann man einen Abbruch im Nachhinein bitter bereuen, aber dann stand die Frau auch nicht 100% hinter dieser Entscheidung. Zweitens hatte ich ein tolles Umfeld, mir hat niemand versucht ein schlechtes Gewissen zu machen. Die Freundin, die gerade schwanger ist, ist gegen Abtreibung, aber auch sie hat mich niemals angegriffen, sondern verstanden, dass sie für sich persönlich gegen Abtreibung sein kann, aber dass sie nicht für mich oder andere Frauen entscheiden kann. Auch in der Frauenarztpraxis waren alle sehr freundlich und warmherzig, und haben mich sehr fürsorglich behandelt. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätte es natürlich nichts an meiner Entscheidung geändert, aber trotzdem war es so besser. Drittens hatte ich auch Zeit, die Abtreibung zu verdauen: 2 Wochen danach bin ich mit meinem Freund und Bekannten in den Urlaub geflogen, der schon vor der Schwangerschaft und dem Abbruch geplant war, und in dieser Zeit habe ich viel mit meinem Freund darüber gesprochen, und konnte so die Sache verdauen und damit abschließen.
Nach dem Abbruch habe ich mir von 5 Monaten dann eine Kupfer-Spirale setzen lassen: ich muss mir jetzt für die nächsten 3 Jahre keine Gedanken mehr um meine Verhütung machen, und die nicht-hormonelle Verhütung hat noch weitere positive Auswirkungen, aber das ist ein anderes Thema...
Frauen, die schwanger sind, kann ich nur raten, tief in sich hineinzuhören, und für sich eine Entscheidung zu treffen.
Wenn diese Entscheidung für das Kind ausfällt, dann ist eine Abtreibung der falsche Schritt, auch wenn vielleicht der Partner das Kind nicht möchte, oder andere Gründe vielleicht offensichtlich gegen das Kind sprechen. Dass diese Frauen die Abtreibung im Nachhinein bereuen, steht ja schon fest.
Wenn die Entscheidung wie bei mir gegen das Kind ausfällt, dann ist der Schwangerschaftsabbruch richtig, und man zerbricht auch nicht daran oder leidet danach an PAS oder sonstigen psychischen Problemen, wie Pro-Life-Anhänger so gerne behaupten.
Ich habe meine Erfahrung aufgeschrieben, um Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, die Ängste vor dem Eingriff zu nehmen. Ich persönlich war nach der Abtreibung sehr erleichtert, dass ich mein normales Leben wieder hatte.
Liebe Grüße und viel Kraft wünsche ich euch