Liebe verzweifelte oder einfach ungewollt Schwangere,
ich habe 2010 medikamentös abgetrieben - es gibt in diesem Forum von gewi003 einen, wie ich finde, guten Erfahrungsbericht über diese Art der Abtreibung, zu dem ich einen Umstand noch stark betonen will.
Meine Abtreibung war, wie sich später herausstellte, ein schrecklicher Fehler - mir fehlten Informationen über meine Partnerschaft, die ich erst nach der Abtreibung bekam - vielleicht aber auch nur bekam, weil die Abtreibung ein so dramatischer Schritt war.
Ich wurde nach zehn Jahren erfolglosem Kinderwunsch schwanger von einem Fehltritt und wollte mit der Abtreibung meine zehnjährige Beziehung retten (und mich vielleicht auch für den Fehltritt bestrafen), um dann zu erfahren, dass mein langjähriger Partner sich rettungslos in eine Andere verliebt hatte, das aber genauso verschwieg wie ich meinen Fehltritt, um ebenfalls die Beziehung zu retten. Jede Menge falsch verstandenes Opfertum und darüber schreckliche Opfer, aber darum geht es jetzt nicht.
Mir ist ganz wichtig, zu betonen, dass die medikamentöse Abtreibung eine kleine Geburt ist oder von mir massiv so wahrgenommen wurde. Die Elemente des Frauenkörpers, die dabei MERKLICH beteiligt sind, sind MERKLICH die, die beim Gebären ins Spiel kommen (inzwischen habe ich zwei Kinder bekommen und kann mein Empfinden damals bestätigen) - d.h., frau "gibt es sich voll"; der Zusammenhang mit einer "produktiven" Geburt ist absolut und emotional spürbar. Bei mir ging das so weit, dass ich das Gefühl hatte, meine Leibesfrucht und ich müssen zusammenarbeiten, so dass ich sie heulend angefeuert habe. Etwas Ergreifenderes und Traurigeres habe ich nie erlebt. Ich hoffe, hierüber kannst Du, die die Entscheidung für eine Abtreibung schon getroffen hat, aber die über die Methode noch nicht, ermessen, ob die medikamentöse für Dich die bessere oder absolut zu vermeidende ist. Für mich war es die richtige - im grenzenlos Falschen getroffen. Auch, dass ich alleine war mit meinem Kind und dem Kampf gegen es, war richtig - ich konnte wüten und toben, mich hassen, leiden, weinen, ohne (moralischer) Logik gerecht werden zu müssen.
Meine Betreuung in der Beratungsstelle war fair, offen und kompetent (für das Austragen natürlich) und die durch meinen Frauenarzt begnadet. Dass ich mich nicht nachher erschossen habe, ist vor allem ihm zu verdanken. Er hat von mir und dem Kindsvater einen Brief an das Kind verlangt und dass wir ihm einen Namen geben; ich habe die Leibesfrucht aufgefangen und trage sie seitdem bei mir - ich gehöre also definitiv zu denen, denen es hilft, vor möglichst wenig die Augen zu verschließen.
Wenn Du "es" aber lieber nicht so genau wissen willst und möglichst passiv hinter Dich bringen willst, bin ich mir sicher, der bessere Weg ist, es (weg)machen zu LASSEN. Der ist wahrscheinlich nicht leichter (leicht gibt es nicht in diesem Feld), aber Du bist nicht physisch aktiv beteiligt. Schmerzen hat man sicher bei beiden Vorgängen, aber bei einer Ausschabung mit lokaler Anästhesie ist der Vorgang vermutlich weniger nachvollziehbar.
Ich wünsche Dir Ruhe und Stärke und Liebe in dieser beschissenen Situation - wahrscheinlich hast Du einen kleinen Fehler mit immensem Schmerzpotential gemacht (die meisten von uns hätten besser oder überhaupt verhüten können und müssen), aber handle jetzt so richtig wie möglich an Dir selbst.