So war es bei uns...
Hallo Juli,
ich habe mir jetzt nicht alle Antworten durchgelesen, daher weiß ich nicht, ob einige Sachen vielleicht schon erzählt wurden...
Ich habe vor 15 Monaten mein erstes Kind bekommen. Und auch ich hatte vor der Geburt wahnsinnig Angst. Natürlich half es dabei nicht, dass ich immer mal wieder "zufällig" auf Internetseiten gelandet bin, in denen man von Wehen über mehrere Tage und unstillbaren Schmerzen lesen konnte. Auch gewisse Fernsehsendungen, in denen junge Mütter schreiend und weinend zusammenbrachen, habe ich mir nicht verkniffen - und so bekam ich immer mehr Angst vor der Entbindung. Dabei stellte ich mir ähnliche Fragen wie du sie jetzt auch hast. Im Endeffekt zeigte sich, dass alles, vor dem ich vorher Angst hatte, gar nicht so schlimm war.
Mein Fazit für die Schwangerschaft lautet: Das Wichtigste was man braucht, um gut durch eine Geburt zu kommen, ist eine Hebamme, der man vertrauen kann. Ich habe mir vorher keine Hebamme ausgesucht, sondern habe die genommen, die "vor Ort" war - nun hatte ich wahnsinniges Glück und wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Im Rückblick würde ich heute schon während der Geburt zu Hebammen in der Umgebung gehen und mir die meines Vertrauens aussuchen, denn eine Hebamme kennt sich auch und wird dann auch deine Ängste und Sorgen kennen und sich darauf einstellen. Du kannst sie alles fragen und wirst super beraten - vor, während und nach der Geburt.
Ansonsten kann ich dir von meinen Erfahrungen her sagen, dass es auch tolle, "entspannte" erste Schwangerschaften und Geburten gibt. Ich bin das beste Beispiel. Eine Garantie hat man ja nun leider nie und jede Schwangerschaft ist einzigartig, aber gerne erzähle ich auch noch einmal etwas Positives, um dir deine Ängste ein bisschen zu nehmen.
Wie gesagt war es meine erste Schwangerschaft. Ich habe mich währenddessen essenstechnisch kaum umgestellt, hatte auch nicht die von einigen Leuten so beschriebenen "Heißhungerattacken" oder merkwürdige Gelüste auf Rollmops mit Marmelade ;-) Natürlich habe ich auf Alkohol während der Schwangerschaft verzichtet, ebenso wie auf rohes Fleisch und Rohmilchkäse, was für mich aber kein großes Problem war, da ich eh kein großer Frühstücks- oder Wurst/Käsefan bin. Ansonsten gibt es tausende Ratschläge, angefangen von "kein Lakritz" bis hin zu "ausgewogen und biologisch". Ich habe es nach dem Prinzip gehalten: Wenn's schmeckt wird's schon richtig sein. Ich habe - bis eben auf bestimmten Sachen, die dem Baby wirklich schaden können - ganz normal weitergegessen. Wenn ich mal Hunger auf Pommes hatte oder Pizza, dann gab's halt solche Sachen. Diät halten in der Schwangerschaft ist völliger Quatsch, denn zunehmen tut man so oder so. MUSS man ja, denn man hat einen kleinen Menschen mehr an Bord. Man sollte auf der anderen Seite nicht nach dem Prinzip "Bin schwanger - alles ist erlaubt" plötzlich die 500 Gramm Tafeln Schokolade in sich hineinfuttern. Wie gesagt, ich habe ganz normal die Sachen weiter gegessen, die ich auch vorher gegessen habe, bis ich satt war.
Mein Gewicht war vor der Schwangerschaft 57 Kilo. Einen Tag vor Entbindung 69 Kilo. Damit bin ich glaube ich so ziemlich im Durchschnitt mit der Gewichtszunahme und kann sagen: Ohne zusätzlich Sport oder Diät war ich nach einem halben Jahr wieder in meinen Hosen. 12 kg hört sich erst mal furchtbar viel an, aber du musst ja nicht nur das Baby als Gewicht "abziehen", sondern auch Fruchtwasser, Nachgeburt, die größeren Brüste ;-) vermehrte Muskeln um die Gebärmutter und zusätzliche Blutmenge, die dein Körper anlegt. Wenn du dich vernünftig ernährst, musst du nicht Angst vor einem unförmigen Körper nach der Geburt haben. :mrgreen:
Zum Thema "Aufklärung über Geburt" kann ich nur sagen, dass meine Ärztin sehr ausführlich erzählt hat und ich immer fragen konnte, wenn was nicht klar war. Und dann würde ich eben diesen Tipp mit der Beleghebamme geben. Die hat noch viel mehr Zeit für dich als eine Ärztin und weiß in einigen Fragen sogar besser Bescheid. Dann war ich außerdem vorher in dem Krankenhaus, in dem ich bei der Geburt war, um mich dort "anzumelden". Das ist ganz gut, da man dann nicht mehr bei der Entbindung diese ganzen Zettel ausfüllen muss. Ich war in den letzten Monaten der Schwangerschaft da und auch dort konnte man Fragen stellen und sich den Kreissaal anschauen etc.
Thema Fruchtblase ist ganz witzig, denn einem wird vorher gesagt, dass es meist nicht passiert wie im Film: "Platz" - huch, ein Eimer Wasser! :-D Das Baby liegt ja mit dem Kopf vor dem Ausgang.
Mir ist es aber doch, und zwar auf dem Sofa liegend passiert. Ich hörte plötzlich ein lautes "Plopp" in mir drin, so als hätte ich im Bauch eine Wasserbombe gehabt :lol: hatte das dann zuerst nicht mit der Fruchtblase in Verbindung gebracht, aber als ich dann aufstand, fing es auch schon an zu laufen. Zuerst kein großer Schwall, aber die Hose war schon nass. Ich würde mal schätzen, dass ich auf dem Klo dann noch ca. zwei große Tassen Fruchtwasser verloren habe. Ich habe mir zwei Küchentücher in die Unterhose gestopft, als wir zum Krankenhaus gefahren sind, was mir schon etwas peinlich war, aber da ich eine Sporthose anhatte hat es glaube ich gar keiner sonst bemerkt. Dort bekam ich dann diese riesigen Inkontinenzbinden. Ich fand es zu Hause am unangenehmsten, denn du bist natürlich aufgeregt und dann noch die ganzen Sachen ausziehen und neu einkleiden ist nervig. Aber das Fruchtwasser an sich fand ich gar nicht ekelig. Durchsichtig, wie Wasser halt und roch ein ganz kleines bisschen süßlich meiner Meinung nach.
Meine Fruchtblase ist um 16 Uhr geplatzt. Dann sind wir ins KH gefahren, haben die Anmeldung und erste Untersuchung gemacht. Um fünf sind wir noch mal in die Stadt spazieren gehen geschickt worden, haben uns dort zwei Stunden aufgehalten und sogar noch ein Eis gegessen. Ich hatte leichte Rückenschmerzen, die in Schüben gingen und kamen. Aber wirklich nichts Schlimmes.
Als wir wieder zurück kamen wurde noch eine Untersuchung gemacht, wir haben eingecheckt und sind noch mal herumgewandert. Um 8 steigerten sich die Schmerzen, so dass ich immer stehen bleiben musste, wenn ein Schmerz kam. Ich hatte einen Druckschmerz im Rücken, den ich mit Magenkrämpfen vergleichen würde.
Um 9 waren wir wieder im "Kreissaal", der kein richtiger Saal, sondern eher ein Krankenzimmer war. Die Hebamme war etwas überrascht, dass ich schon beim Atmen "pustete" und hat mich wieder untersucht und meinte dann, wir könnten direkt da bleiben. Die Schmerzen waren schon recht heftig, wie Krämpfe halt, aber das Krasse war, dass auch nach den "Krämpfen" eine vollkommen schmerzlose Phase kam, so dass ich es auszuhalten fand.
Ich wurde mehrfach gefragt, ob ich eine PDA haben möchte, aber da ich keine so fürchterlichen Schmerzen spürte, habe ich abgelehnt. Dabei hatte ich mir VOR der Geburt noch gesagt, dass ich die so schnell nehmen würde, wie es ginge. :roule:
Dann kam die letzte Phase, ich meine es war so ab ca. 11 Uhr. Da wurden die Abstände zwischen den Wehen plötzlich sehr kurz, so dass man nicht mehr zum Ausruhen kam. Mir hat in der Zeit die Uhr sehr viel Halt gegeben, da ich mich immer an den nächsten Zeitabständen orientiert habe. Nach dem Motto "komm, 10 Minuten schaffst du noch". Zu viel Denken kommt man ansonsten nicht mehr. ;-) Um kurz vor 12 habe ich dann doch nach der PDA gefragt, oder eher danach geschnauft :lol: Antwort der Ärztin: Jetzt geht nicht mehr, das Kind kommt. Ist in 20 Minuten da. Sie ist dann um 0:33 geboren worden und ich kann sagen, dass diese letzten 15 Minuten für mich wirklich schwer waren. Ich erinnere mich heute zwar gar nicht mehr an die Schmerzen, aber an diesen Gedanken "Sie haben doch gesagt nur noch 20 Minuten, warum kommt dieses verflixte Baby nicht!!!" kann ich mich noch sehr gut erinnern :roule: Ich war echt fertig und "wie ein Spaziergang" war es nicht, aber auch nicht so schrecklich, dass ich völlig von Sinnen gewesen wäre. Wie gesagt, die letzten 15 Minuten waren schwer, allerdings auch eher, weil ich mich auf eine kürzere Zeit eingeschossen hatte. :lol:
Die Ärztin hat dann einen Dammschnitt gemacht, weil der Kopf meines Kindes doch schon recht groß war. Und was ich sehr krass fand: Obwohl ich auch davor vor der Geburt stundenlange Ängste ausgestanden hatte, in dem Moment war's mir total egal. Gespürt habe ich von dem Schnitt wirklich rein gar nichts. Und ich habe sehr genau aufgepasst und hatte auch damit gerechnet, starke Schmerzen zu fühlen. Aber: gar nix. Nach dem Schnitt kam unsere Kleine innerhalb der nächsten Wehe mit einem "Rutsch" raus.
Danach waren alle Schmerzen sofort vergessen. Dieser kleine Wurm - obwohl ich sie gar nicht sooooo klein fand - ist so faszinierend und überwältigend gewesen, dass alles sofort in den Hintergrund rückte. Dass die Ärztin den Schnitt vernäht hat, habe ich gar nicht mehr wahrgenommen. Da bekommt man ja dann auch Narkose.
Dreckig war es bei der Geburt zwar, aber nicht so wie man es sich vorstellt. Ich habe z.B. nicht in meinem eigenen Schweiß gelegen und die Schmerzen herausgebrüllt. Mein Shirt, was ich an hatte, war hinterher tadellos. Es kommt natürlich Schleim, Blut, Fruchtwasser und manchmal auch Kot/Urin (wenn man vorher keinen Einlauf machen lässt), aber man hat so Einmalunterlagen und größere Unsauberkeiten werden von der Hebamme sofort "entsorgt". Als ich das Bett verlassen habe sah man noch eine kleine wässrige Blutspur, aber es sah nicht "wie auf dem Schlachtfeld" aus. Insgesamt war ich positiv überrascht, denn ich fand es überhaupt nicht so, wie in Klischeefilmen immer vorgestellt, sondern eher familiär (hört sich jetzt doof an).
Bei uns war es übrigens umgekehrt: mein Mann wollte eigentlich nicht mit, er war sehr schwer zu überzeugen. Ich wollte unbedingt, dass er dabei ist. Hinterher hat er gesagt, dass er auf jeden Fall mitkommen will, wenn wir noch ein Kind bekommen sollten. Er fand die Erfahrung toll. Wie gesagt, das mit dem "verschwitzten Schreien" stellt man sich glaube ich ärger vor, als es ist. Ich hatte, obwohl ich zwischendurch starke Schmerzen hatte, jederzeit die "Kontrolle" über das was ich tat. Ich vergleiche es gerne mit einem sehr lange dauernden Krampf. Da hast du auch starke Schmerzen, aber du wirst ja nicht zum Tier und verlierst völlig den Verstand. Insofern: Ich würde mit meinem Partner reden und seine Sicht auf die Dinge hören wollen. Wenn es dir unangenehm ist, dann nimm ihn nicht mit, das geht ja durchaus auch - aber ich kann nur sagen, dass er für mich eine gute Stütze war, dadurch, dass er einfach nur bei mir war. Und eventuelle Blutflecken auf dem Laken sind dann eh nihct mehr wichtig, wenn ihr euer Kind zum ersten Mal seht. ;-)
Dann noch zu den Schmerzen danach: Ich hatte noch eine Woche Probleme mit dem Sitzen und habe mir so ein Hämorrhoiden-Sitzpolster geholt, um nicht auf dem Schnitt sitzen zu müssen. Der ist aber superschnell verheilt. Nach 14 Tagen hatte ich gar keine Probleme mehr. Aufs Klo gehen ist etwas unangenehm nach der Geburt, weil ja alles wund und stark gereizt ist und evtl. auch kleine Risse da sind. Wenn da Urin dran kommt, dann... aua! Aber es geht vorbei. Sex hatten wir wieder nach drei Monaten, und zuerst auch SEEEEEHR vorsichtig. :lol: Theoretisch wäre auch schon früher gegangen, aber von dem Baby waren wir zwei dann doch etwas geschlaucht. Das Leben ändert sich völlig. Bis man dann wieder normal tickt, das kann schon eine WEile dauern.
Insgesamt war es aber eine tolle Erfahrung. Wie gesagt: Vorher wollte ich PDA und keinen Dammschnitt, hinterher hatte ich keine PDA und Dammschnitt. Eine Stunde starke Schmerzen, die aber Sekunden später vergessen waren. Eine unkomplizierte Geburt, trotz 4kg Baby und 37 cm Kopfumfang. Und was am wichtigsten ist: Vor der Geburt Panik, nun, nach der Geburt würde ich sagen: ein zweites kann gerne kommen. Ich bin ganz entspannt und höre auf mein Bauchgefühl. :-)