Du bist nicht allein!
Liebe Jenny,
zuerst einmal möchte ich dir sagen, dass du nicht allein bist mit deiner Verzweiflung. Mir ging es genau wie dir die letzten 2 Monate. Nach sozusagen 18-jährigem Kinderwunsch incl. KiWu-Behandlung hatte ich seit 3 Jahren mit meinem Kinderwunsch abgeschlossen. Ich habe unzählige Bücher zum Thema gelesen und konnte dann irgendwann zur Ruhe kommen und mich damit arrangieren. Ich habe meine "Freiheiten" genossen, wir sind viel verreist. Und ich hatte noch so viele Ziele und gerade einen neuen und ziemlich stressigen Job angenommen, den man mit einem Kind einfach nicht meistern kann. Und das war okay für mich.
Und dann der Schock: Nun, mit fast 40 Jahren, war ich plötzlich schwanger! Mein Partner ist fast 50 und hat eine erwachsene Tochter. Wir haben seit 6 Jahren nicht verhütet, weil ich immer dachte, ich würde eh nicht mehr schwanger werden. Anfangs haben wirs einfach drauf ankommen lassen, später dann nur noch gehofft, dass nichts passiert. Wie unbekümmert, aber nach 18 Jahren unverhütet wird man einfach leichtsinnig. Nach dem positiven Test bin ich einfach nur zusammengebrochen. Wie konnte das jetzt alles noch passieren? Ich fühlte mich einfach nur leer und völlig verzweifelt. Es gab zu Hause unzählige Diskussionen, weil mein Partner mit der Situation auch völlig überfordert war. Das verstehe ich heute. Letztlich hätte er mich aber nicht allein gelassen.
Ich aber wusste jedenfalls überhaupt nicht mehr weiter. Mein Gefühlsleben fuhr im Stundenrythmus absolut Achterbahn. Mal konnte ich mich fast mit dem Gedanken anfreunden, die Chance anzunehmen, aber kurz danach überfiel mich die totale Panik. Ich wollte diese Schwangerschaft nicht mehr! Ich sagte zwei Termine für einen Abbruch am Vorabend völlig panisch ab, weil ich so große Angst vor den Konsequenzen hatte. Dann war ich für ein paar Stunden erleichtert und dann überkam mich die nächste Panik, dass ich das alles nicht schaffen würde. Ich hatte zu dem Baby in meinem Körper überhaupt keinen Bezug und wollte alles nur ungeschehen machen. Nun lief die Zeit ab. Diese 12 Wochen-Frist ist die absolute Härte und setzt einen nur zusätzlich unter Druck, denke ich. Jedenfalls hatte ich gestern - am letzten Tag der Möglichkeit - den nächsten Termin. Und ich bin hingegangen, weil ich einfach nicht mehr konnte. Nach dem Eingriff war ich erst einmal erleichtert. Am Abend und heute sah/sieht es ganz anders aus. Ich hatte mich gegen mein Baby entschieden aus div. Gründen, aber nun geht es mir auch nicht besser und ich frage mich, warum ich mir nicht vorher schon proffessionelle Hilfe geholt habe. Dieses Baby war die einzige Chance in meinem Leben und ich konnte sie nicht annehmen. Warum nur?
Ich weiß, dass ich dir mit meinen Zeilen wahrscheinlich auch nicht weiterhelfen werde. Ich habe unzählige Berichte in den Foren gelesen und eigentlich hat mich das nur noch mehr kirre gemacht. Was ich dir aber unbedingt auf den Weg geben möchte, ist, dass du dir bitte ganz schnell proffesionelle Hilfe suchen solltest! Du hast noch Zeit, dich zu entscheiden und vielleicht gelingt es dir mit Hilfe, das Baby in deinem Körper anzunehmen. Bei mir ist es nun zu spät und ich werde den Rest meines Lebens mit dieser Entscheidung leben müssen. Und ich weiß, dass ich es ohne proffessionelle Hilfe nicht schaffen werde, darüber hinweg zu kommen.
Fühl dich doll gedrückt und umarmt! Du bist nicht allein, auch wenn es sich momentan so für dich anfühlt! Nimm Hilfe in Anspruch!
Herzliche Grüße!