Hallo,
zuersteinmal möchte ich mich fürs Lesen bedanken, es ist ein langer Text.
Ich bin w, 26 und habe 2013 abgetrieben. Es waren die äußeren Umstände, die uns damals frisch Verheiratete dazu bewogen haben. Wir waren beide noch in Ausbildung und mein Mann stand ein paar Tage vor dem Abflug nach Thailand ins Auslandssemester. Wir waren erst 4 Wochen verheiratet, da fand ich heraus, dass ich schwanger war. Von seiner Familie, bei der ich/wir auch immer noch leben, kam keine Unterstützung. Die Abtreibung wird auch bis heute totgeschwiegen, was mich sehr belastet.
Nun habe ich meinen Abschluss und nach einem halben Jahr Suche auch eine Arbeit. Ich lebe unter der Woche allein bei meinen Schwiegereltern, da mein Mann weit weg studiert und wir eine Fernbeziehung führen müssen.
Nun bin ich schon seit langem - kurz nach der Abtreibung fing es an - sehr durcheinander, depressiv, nichts freut mich mehr. Ich möchte nicht mehr angefasst werden und meide grelles Licht. Anderen in die Augen zu sehen, fällt mir schwer. Ich habe Alpträume, bin oft launisch und sehr schlecht gelaunt. Danach war plötzlich alles kraftraubend, ich war lieber allein und für mich. Meine Esstörungen von früher flammten wieder auf, jeder Tag ist ein Kampf. Ich halte mein Gewicht jedoch. Ich bin wie ein Roboter.
Nun kommt noch die neue Arbeit hinzu, die mir gar nicht liegt. (Arbeite sehr viel mit Zahlen, gelernt habe ich Fremdsprachen) Eigentlich hatte ich überlegt, mein Abi nachzuholen und Lehramt zu studieren oder Übersetzerin zu werden. Diese Dingen waren schon seit meinem Realschulabschluss mein Traum. Doch "darf" ich das? Darf ich mich selber verwirklichen, mein Mann leidet ja dann auch finanziell darunter. Er verdient noch nicht. Ich habe ja eine Ausbildung, kann arbeiten und meine Schwiegereltern wären sicher nicht begeistert, wenn ich jetzt im Herbst nix mehr verdiene und sie keine Miete mehr bekommen können.(Sie verlangen jetzt auch nichts, nur die theoretische Möglichkeit wäre ja da).
Dazu kommt dieses schlechte Gewissen, dass ich doch was erreichen muss, wenn ich schon für die Ausbildung abgetrieben habe. Dass ich Geld verdienen muss, damit wir wirtschaftlich nie mehr in solche Nöte kommen, die zu einer Abtreibung führen können, denn damals war es auch finanziell sehr schwer.
Es ist generell so, dass ich einfach das Gefühl habe, da ist ein Riesendruck auf mir und ich selber bleibe auf der Strecke. ich leide unter der Abtreibung und kann nun noch nicht mal ausleben, was ich bin. Dieses Gefühl dafür, wer ich bin und was ich kann, habe ich auch seit damals total verloren. Direkt nach der Ausbildung bekam ich z.b. keinen Job- früher hätte ich ohne Zögern das Abi gemacht und halt studiert, jetzt zögere ich alle Entscheidungen raus bis es zu spät ist. Früher war das nie so. ich kenne mich nicht mehr seit der Abtreibung und weiß mir nicht zu helfen.
Ging es jemandem ähnlich? Vielleicht hat hier jemand einen Tipp, damit ich erst mal eine Struktur in dieses innere Chaos bringe.
Viele liebe Grüße