Juhu, endlich ich auch Geburtsbericht! :super: Aber Vorsicht, der ist lang....
Alles fing damit an, dass ich am Ostermontag, den 9.4., mit meinem Freund abends ins KH gefahren bin, weil ich mittlerweile so ein starkes Reißen im Oberbauch hatte, dass ich nachts nicht mehr schlafen konnte. Beim letzten Mal, als ich dort war, hat man mir was von einer Schmerztherapie mittels lokaler Betäubungsspritze erzählt und die wollte ich nun haben. Nach dem Routinecheck (Ultraschall, Blutbild, CTG) meinte die Ärztin, es sei wohl besser, wir würden schonmal damit anfangen, die Geburt einzuleiten. Ich hatte ja am Samstag, den 14., ET und der sollte aufgrund meiner doch etwas stärker verkalkten Plazenta sowieso nicht überschritten werden.
Dazu kamen nun auch noch Leberwerte, die nicht in Ordnung waren und die Herztöne vom Kleinen waren beim einen CTG etwas schnell.
Ich entschied mich also, gleich im KH zu bleiben - nur noch kurz heim, Sachen geholt, und wieder zurück. Über Nacht gabs als "Beginn" einen Nelkenöltampon, um den Muttermund anzuweichen, der bis dahin eher in die geburtsunreife Kategorie fiel. Am nächsten Morgen (Dienstag) bekam ich dann in der Früh um 7 die erste Tablette (Misoprostol, oral), drei weitere folgten im Abstand von jeweils vier Stunden. Abends war der Muttermund dann fast fingerdurchlässig, es tat sich also was.
Wehen kamen eh schon regelmäßig alle 3-6 Minuten - wobei das allerdings keine echten Wehen waren.
Mittwoch gings dann weiter mit Misoprostol, da bekam ich dann aber nur noch insgesamt drei Tabletten. Hätte gerne die Höchstdosis gehabt und über Nacht weiter"gearbeitet", aber man wollte bis zum nächsten Morgen abwarten, was sich tut.
Da war ich psychisch schon am Rand der Belastungsgrenze - ich schluckte jede Tablette in der Hoffnung, damit endlich meinen Körper dazu zu bringen, von selbst weiterzumachen und die Geburt zu eröffnen. Hinzu kamen ein echt heftiger Lagerkoller von der ganzen Krankenhausatmosphäre und Schlaflosigkeit. Tagsüber durfte ich im Kreißsaalbereich im Wehenzimmer meinen Schlaf nachholen, den ich auf der Station nicht bekam, weil da ständig jemand reinplatzte und Blutdruck messen oder putzen oder sonstwas wollte. Das war echt toll, die Hebammen haben mich da drin liegen lassen, beide Türen zum Flur zugemacht und mich Kraft tanken lassen.
Eigentlich wollte ich - desillusioniert und kaputt, wie ich war - nur noch wieder nach Hause. Ich hab dann für mich beschlossen, den nächsten Tag, also Donnerstag und Tag drei der Einleitung, noch weiterzumachen, wenn sich dann aber nichts tut, abends abzubrechen und nach Hause zu gehen.
Donnerstag morgen hat mich dann der Oberarzt untersucht und festgestellt, dass mein Muttermund nun einen ganzen Finger breit geöffnet und der Gebärmutterhals bis auf 1cm verstrichen war. Endlich was Positives - da fasste ich dann neuen Mut. Ich bekam dann zwei Vaginaltabletten (Minprostin) im Abstand von sechs Stunden gelegt. Aber wieder tat sich nichts, außer dass es schön regelmäßige Kontraktionen provoziert hat, die weder schmerzhaft noch sonstwas waren. Kurz bevor ich zum letzten CTG musste (ich wollte ja abbrechen und heim) - es war gegen 19 Uhr -, bemerkte ich, dass es in meiner Unterhose seltsam feucht war. Ich dachte schon: Oh geil, jetzt auch noch Inkontinenz. Bin dann aber in den Kreißsaal runter, um abzuklären, ob es nicht doch Fruchtwasser ist.
Es war Fruchtwasser. Ich hatte also einen Blasenriss und damit war auch der Einleitungsabbruch kein Thema mehr. Die Hebammen, die grade nach Hause gingen (Schichtwechsel), meinten zu mir, morgen in der Früh würden sie wiederkommen und mich mit Kind begrüßen können. Das hat mich so richtig aufgebaut. Zwei Stunden später beim nächsten CTG bekam ich das allererste Mal schmerzhafte Wehen alle zwei Minuten, die ich richtig veratmen musste. Ich weiß nicht mehr, wie lange, aber locker zwei Stunden hing ich mit den Funk-Schallköpfen um den Bauch im Tragetuch und litt. Dann das, was mir dann psychisch komplett den Rest gegeben hat: Muttermund immer noch bei einem Oberarzt-Finger, die Wehen waren also völlig unwirksam. Nichts hatte sich getan. Ich war total am Ende. Das konnte doch nicht sein, das durfte einfach nicht sein.
Ich sollte dann zur Entspannung und Schmerzlinderung in die Wanne - da drin konnte ich aber keine Entspannung finden, weil ich in der riesen Gebärwanne keinen Halt fand und deshalb ganz verkrampft da drinsaß. Also wieder raus, erstmal zwei Buscopanzäpfchen bekommen und einen Paracetamoltropf. Auf den folgte die erste Gabe von Clindamycin (Antibiotikum wegen der gerissenen Fruchtblase) und nochmal zwei Buscopanzäpfchen sowie Wehenhemmer als Tabletten. Ich kontrahierte ja immer noch unter Schmerzen vor mich hin. Zwischendurch flehte ich immer wieder, man solle mir doch bitte endlich einen verdammten Kaiserschnitt geben, ich wollte und ich konnte nicht mehr. Meine Zimmernachbarinnen kamen, wurden einen Tag eingeleitet, gebärten und gingen danach in ihre Familienzimmer, ich bekam allein in den paar Tagen locker 15 Geburten live im Kreißsaalbereich mit. Nur ich selbst war natürlich die einzige, bei der es nicht klappte. Immerhin war doch meine Fruchtblase schon nicht mehr intakt. Ich verstand die Welt nicht mehr. Und ich vermisste meine vertraute Umgebung. Mein Freund war zwar jeden Tag bis in die Nacht bei mir im Krankenhaus, aber auch er fuhr eben heim und musste mich hierlassen.
Irgendwie fand ich in der Nacht doch noch in den Schlaf - die Wehenhemmer, das Paracetamol und das Buscopan wirkten endlich.
Freitag morgens dann die "frohe Botschaft": Über Nacht wurden aus einem zwei Oberarztfinger und der Gebärmutterhals war auch ganz verstrichen. Endlich wieder ein Hoffnungsschimmer. Also die nächste Vaginaltablette, wieder eine morgens, eine nachmittags. Um 19 Uhr sollte ich zum Kontroll-CTG erscheinen, eine Stunde zuvor haben mein Freund und ich unser Familienzimmer bezogen, weil ich keine weitere Nacht ohne ihn verbringen wollte. Ich habs grade noch ins neue Zimmer geschafft, da musste ich plötzlich beginnen, Wehen zu veratmen. Und das war irgendwie anders als sonst, deshalb sind mein Freund und ich auch um halb sieben schon Richtung Kreißsaal. Dort hing ich dann mit immer stärker werdenden Wehen am CTG, bis ich um halb acht plötzlich einen total starken Druck verspürte. Es machte knack und ich lag im Fruchtwasser. Ich hab nur noch den Rufknopf gedrückt und zur Hebamme "Fruchtblase geplatzt" sagen können, da fingen auch schon die bösesten unud schmerzhaftesten Wehen an, die ich bislang hatte. Irgendwann lag ich nur noch halb schreiend auf dem Wehenbett, bis mich um halb neun die Hebamme untersucht hat und der Muttermund plötzlich drei Zentimeter offen war. Zeit also, in einen Kreißsaal umzuziehen und der Anästhesistin Bescheid zu geben, dass ich die PDA bekomme. Ich muss wirklich sagen, ohne PDA hätte ich das Ganze nicht durchgestanden. Der Kopf vom Kleinen lag so extrem tief (laut Hebamme war das schuld daran), dass ich die Schmerzen kaum noch ertragen konnte. Veratmen konnte ich schon lange nicht mehr, ich hing nur noch winselnd im Tragetuch, das von der Decke baumelte.
Die PDA war schnell gelegt und genauso schnell trat auch die Wirkung ein - ich lag vor Erschöpfung wie tot im Kreißbett und konnte die nächsten drei Stunden bis Mitternacht dazu nutzen, wieder zu Kräften zu kommen. Einmal wurde um elf nachgespritzt, danach dann aber nicht mehr. Ich meinte noch: Wie? Ich muss ohne PDA gebären? Ich wollte einfach keine Schmerzen mehr haben, die haben mich richtig fertiggemacht. Sterben wollte ich. Aber nein, ich musste ohne PDA durch die letzten Stunden. Um Mitternacht war mein Muttermund sechs Zentimeter offen, dann setzten die Übergangswehen ein, die so etwa eine Stunde lang andauerten. Mit jeder Wehe wurde mein Pressdrang stärker, gegen ein Uhr war er kaum noch zu veratmen, ich durfte aber noch nicht pressen, weil immer noch ein Rest Muttermund stand. Kurz darauf (wann auch immer, ich hab jedes Zeitgefühl in diesen letzten zwei Stunden verloren) aber war auch der endlich weg und ich konnte dem Drang nachgeben. Noch lag ich im Bett, irgendwann ging ich dann aber in den Vierfüßlerstand (ich kniete auf dem Bett, den Oberkörper auf dem aufgerichteten Kopfteil abgestützt), weil die Schwerkraft mithelfen musste. Ich dachte, ich zerplatze. Hatte ich mich noch die Tage zuvor über die ganzen Frauen gewundert, die während der Geburt rumgeschrien hatten - ich setzte allem noch ne Schippe drauf. War sicherlich die lauteste der ganzen Woche. Aber nur das half mir über die brutalen Schmerzen hinweg und mir war eh alles völlig egal zu dem Zeitpunkt.
Es ist ein Gefühl, als müsste man einen Basketball sch**ßen und man wolle nicht, aber das Ding müsse raus. Ich hab nur noch gefleht, das möge alles endlich aufhören und ich mag nicht mehr und sie sollen mir das Kind da rausschneiden. Ich wollte nicht mehr pressen, wollte diesen Schmerz nicht mehr, aber mit jeder Wehe musste ich, es schob richtig nach unten. Dann, nach einer besonders üblen Wehe, hörte ich die Hebamme sagen, man könne das Köpfchen schon sehen. Ich nur: Was? Das ist noch nicht da?? Mit der nächsten Wehe kam es dann, ich konnte es zwischen meinen Beinen spüren. War das ein krasses Gefühl. Einmal das Gefühl von innerlichem Zerbersten und dann diesen Bobbel, der aus dir da raushängt und dein Kind ist. Bei der nächsten Wehe musste ich noch drei Mal pressen und dann flutschte der Kleine auch schon aus mir raus und lag da unter mir zwischen meinen Knien.
Ich brauchte erst kurz zum Kraft sammeln, bis ich ihn dann einfach nur angeguckt hab, mit dem Finger gestreichelt hab und irgendwie gar nichts gedacht und gefühlt hab. Ich war einfach zu kaputt. Hinsetzen oder legen durfte ich mich nicht, da die Ärztin das Nabelschnurblut versorgen musste, das wir spenden wollten (leider nur 180ml statt der erforderlichen Mindestmenge von 200ml herausbekommen, wie ärgerlich), aber als das getan war, konnte ich mich endlich hinlegen und meinen Zwerg richtig begrüßen. Das war aber trotzdem alles noch so unwirklich, ich fühlte mich wie im Film. Viel später realisierte ich erst, was eigentlich die ganzen letzten Stunden, Tage, Wochen und Monate geschehen war und zu welchem Zweck. Nämlich für dieses süße kleine quäkende Bündel Mensch, das mich seit nun schon über einer Woche mit einer Freude und Liebe erfüllt, die ihresgleichen sucht. Wir waren danach mit unserem Kleinen noch vier Stunden im Kreißsaal, danach noch zwei Tage im Krankenhaus und sind letzten Montag dann nach Hause umgezogen. Jetzt liegt der Kleine hier, schläft, trinkt, pupst, sabbert und quäkt und erfüllt uns jeden Moment mit neuer Freude.
Die Geburt war das schmerzhafteste, was ich je in meinem Leben durchmachen musste - noch bin ich mir nicht sicher, ob ich noch weitere Kinder möchte. Natürlich ist das Ergebnis wundervoll und das Höchste, was es auf Erden gibt, aber für diesen Preis? Ich weiß nicht. Viele sagen, dass die Geburtserfahrung wunderschön ist - ich kann das absolut nicht nachvollziehen. Die Umgebung, der Kreißsaal, die Menschen, alles war toll und heimelig, nichts hat an ein Krankenhaus erinnert (ich war da sowieso schon fast zu Hause nach all den Tagen), aber dieses befreiende und erhabene Gefühl direkt nach der Geburt, das blieb bei mir aus und kam erst mit der Zeit so langsam.
Wir genießen jetzt jede Minute mit unserem kleinen Milchmonster, lieben ihn abgöttisch und ich blicke nach vorne und möglichst nicht mehr zurück. Gelohnt hat es sich ja....
Sorry, dass es ein Geburtsbericht der etwas "anderen" Sorte wurde - ich hätte gerne auch nur Positives zu berichten gehabt, bin aber ehrlich und gebe offiziell bekannt, dass Kinder kriegen scheiße weh tut und gar nicht so doll und mit Herzchen und allem ist ;)
Unser kleiner J.onathan kam am 14.4. um 1.49 Uhr mit 3310g, 51cm und einem KU von 34cm nach fast fünf Tagen Einleitung zur Welt.
lg
kitty mit Zwerg, 10 Tage alt