In der 31. SSW hatte meine FÄ bei mir einen verkürzten Gebärmutterhals festgestellt (laut MuPa 2-3 cm), aber sie meinte es würde reichen, die Magnesium-Dosis zu erhöhen und in 4 Wochen zur Kontrolle zu kommen (vorher war sie in Urlaub). Selten hat jemand so falsch gelegen....
Ich hatte in den folgenden Tagen irgendwie ein komisches Gefühl, v.a. weil ich auch öfters einen richtig harten Bauch bekam. Die Sorgen wurden immer größer, so dass ich nach einer Woche meine Hebamme anrief. Die sagte mir, ich solle mich unbedingt schonen, sprich hinlegen. Sie wollte in der nächsten Woche mal zur Kontrolle vorbeikommen. Das war am 01. August, da war ich dann also in der 33. SSW.
Die Kontrolle verlief soweit gut, alles war okay, bis sie zum Tastbefund kam. Da wurde sie plötzlich sehr ernst und meinte, sie könne gar keinen Cervix mehr fühlen und das Köpfchen läge schon so tief im Becken, dass es beinahe alles verdeckte. Sie empfahl mir dringend, direkt ins KH zu gehen und eine US-Kontrolle machen zu lassen. Zum Glück ist das KH, in dem ich entbinden wollte, direkt bei uns um die Ecke, ich machte mich also mit weichen Knien dorthin auf.
Dort war auf dem CTG nichts Auffälliges zu sehen, der vaginale US ergab aber einen GMH von nur noch 1,6 cm! Daraufhin wurde ich direkt stationär eingewiesen, kam an den Wehenhemmer-Tropf (Partusisten 20ml/h), bekam hochdosiertes Magnesium und die beiden Lungenreife-Spritzen.
Die nächsten 3 Wochen habe ich dann im KH verbracht. Die GMH Länge schwankte in der nächsten Zeit, ging zwischenzeitlich auf 1,2 cm runter (das bedeutete 1 Woche lang Bettpfanne und strengstes Aufstehverbot, außerdem Partusistendosis erhöht auf 25ml/h, was kein Spaß ist, denn das Zeug verursacht u.a. fieses Herzrasen). In der nächsten Woche dann wieder auf 1,7 cm rauf. Da war ich dann in der 36. SSW und es hieß, wenn die Länge am Dienstag (21.08.) bei der nächsten Untersuchung konstant geblieben ist, könne ich nach hause gehen (es ist wohl so, dass ab der 37. SSW die Therapie generell gestoppt wird, da das Kind dann offiziell keine Frühgeburt mehr ist und im Prinzip kommen kann).
Am Montag, 20.08. wurde dann der Wehentropf entfernt. Ich meinte zu spüren, dass der Bauch ein wenig härter wurde, war mir aber nicht sicher, ob es vielleicht Einbildung war. Auf dem CTG, das täglich morgens und abends gemacht wurde, war keinerlei Wehentätigkeit zu sehen. Also doch nur Einbildung.?
Nachts gegen 1.00 Uhr ging ich zur Toilette und stellte eine leichte Blutung fest. Etwas beunruhigt klingelte ich der Nachtschwester. Die machte ein CTG, das aber mal wieder 0,0 Wehen anzeigte. Also Diagnose: Kein Grund zur Sorge. Seit dem CTG hatte ich allerdings leichte, menstruationsartige Schmerzen, die eindeutig in Wellen kamen, Abstand ca. 5-10 Minuten. Von der Stärke noch absolut erträglich, aber doch so deutlich spürbar, dass an Schlaf nicht zu denken war. Ich also wieder geklingelt. Laut Schwester konnten das aber keine echten Wehen sein, da das CTG ja nichts angezeigt hatte. Sie gab mir ein Buscopan-Zäpfchen, das natürlich genau gar nichts brachte.
Ich also irgendwann so gg. 3.00 Uhr wieder geklingelt. Endlich hatte sie ein Einsehen und brachte mich runter in den Kreißsaal. Dort lag ich dann wieder stundenlang am CTG. Wieder nix. Die Schmerzen wurden stärker. Die Abstände kürzer. Interessierte aber keinen so richtig, denn: auf dem CTG war ja nichts zu sehen. Dann endlich kam mal eine Ärztin und machte einen US. Ergebnis: Mit dem Kleinen alles in Ordnung, aber GMH nur noch 0,6 cm! Muttermund noch fest zu. Auf die Frage, ob ich meinen Mann anrufen solle und ob es denn nun losginge, die Antwort: Nein, noch viel zu früh. Das sind höchstens Senkwehen, kann alles noch ewig dauern.
Die Hebamme gab mir ein Schmerzmittel, ich wurde zurück aufs Zimmer gebracht. Es war 5.30 Uhr und dank des Tramal konnte ich ein wenig schlafen.
Um 7.00 Uhr rief ich meinen Mann an und berichtete. Wir kamen überein, dass er ganz normal zur Arbeit fahren sollte, da es ja anscheinend gar nicht sicher war, ob heute noch was passieren würde.
Im Laufe des Morgens und Vormittags wurden die Schmerzen immer schlimmer (ungefähr so wie die übelsten Regelschmerzen multipliziert mit 100, so richtig fiese Krämpfe bis in den Rücken rein) und kamen fast ohne Pause --- erneut CTG, erneut keine Wehen angezeigt. So langsam dachte ich, ich drehe durch. Ich schaffte es kaum noch, aufzustehen und zur Toilette zu gehen. Bei der Visite hieß es wieder: das sind nur Senkwehen, die gehen auch wieder vorbei, halten Sie durch bis Freitag, dann sind Sie 36+0 und alles ist o.k. Gegen die Schmerzen gab es Paracetamol (hahaha!), außerdem viel Magnesium, mit der Vorgabe das setzen Sie aber dann am Freitag ab, wir wollen ja nicht, dass Sie noch übertragen! (noch lauter hahaha!).
Die nächsten Stunden verbrachte ich zusammengekrümmt im Bett und zweifelte an meinem Körper und meinem Verstand. Ich wusste ja nicht mal, worauf ich nun hoffen sollte: dass es endlich losging und der ganze Spuk ein Ende hätte, oder dass die Schmerzen (anscheinend ja keine Wehen?) weggingen und ich nach hause könnte.
Endlich, so gegen 13.00 Uhr, nach mittlerweile 12 Stunden Schmerzen, kam dann die Erlösung: der Oberarzt wollte mich untersuchen. Gute Idee! Fast hätte ich es nicht auf den Stuhl geschafft, völlig verkrümmt saß ich da. Er untersuchte und sagte dann die Sätze, die ich niemals vergessen werde: Oh, da kommt ein Baby. Und es kommt heute noch!
Und dann: Tja, jetzt wissen wir, warum Sie solche Schmerzen haben. Der Muttermund ist schon 5 cm auf. Wir bringen Sie jetzt in den Kreißsaal, wenn Sie wollen, können Sie direkt eine PDA haben.
Ja, ich wollte!!!! Ich war plötzlich total erleichtert zu wissen, dass es nun endlich losging. Und tatsächlich: ab diesem Zeitpunkt wurde alles gut!
Sie fuhren mich in den Kreißsaal, auf dem Weg rief ich meinen Mann an, der aus allen Wolken fiel. Er machte sich direkt auf den Weg, versprach aber, vorsichtig zu fahren ;-)
Im Kreißsaal traf ich auf eine total nette, relaxte Hebamme und eine sehr kompetente Anästhesistin. Die PDA war schnell gelegt und danach war ich im Himmel. Keine Schmerzen mehr! Selbst das Druckgefühl der Wehen, das zunächst noch blieb, verschwand nach einer erneuten Dosis.
Ich rief meine Mutter an und berichtete ihr alles. Danach bekam ich von der Hebamme Kaffee und Kuchen serviert, um meinen Kreislauf in Schwung zu bringen. So traf mich dann auch so gegen 15.00 Uhr mein Mann an: im OP Hemdchen auf dem Gebärbett, einen Teller Schokotorte auf dem Bauch balancierend. Er kriegte sich von dem Anblick gar nicht mehr wieder ein :fou:
Die Hebamme ließ uns allein und kontrollierte nur regelmäßig die Öffnung des Mumu, die zügig voranging. Mein Süßer und ich dösten ein wenig vor uns hin und hielten Händchen, im Hintergrund lief das Radio und erzählte von einem Unwetter, das heute über die Stadt hinweg ziehen sollte. Es war irgendwie richtig gemütlich Die PDA wurde regelmäßig nachgespritzt. Bis auf ein wenig Übelkeit und Schwindel, wohl kleinere Nebenwirkungen von der PDA, ging es mir gut.
Dann so kurz vor 17.00 Uhr war der Muttermund komplett geöffnet. Die Hebamme bereitete alles für die Geburt vor (u.a. im Hintergrund schon Wickeltisch, Wärmelampe, Tücher etc. fürs Baby, was mir die Tränen der Vorfreude in die Augen trieb). Sie öffnete die Fruchtblase und spritzte mir dann ein Wehenmittel, damit die Wehen wieder stärker würden und ich sie trotz PDA auch spüren könnte. Prompt war der Druck wieder da, die Schmerzen hielten sich aber zunächst in Grenzen.
Die Hebamme schlug verschiedene Positionen vor und wir entschieden uns für die Seitenlage. Ich verbannte meinen Süßen hinters Kopfende, damit er nichts zu sehen bekam, was nicht für seine Augen bestimmt war :fou: Von dort aus hielt er meine Hand, als ich anfing zu pressen. Das war eine ziemlich mühselige Angelegenheit und ich bekam es irgendwie nicht so richtig hin. Wir wechselten die Positionen, erst auf die andere Seite, dann auf den Rücken, was sich für mich doch als die praktischste Stellung erwies. So konnte ich mich am Seil hochziehen und hatte so viel mehr Kraft dahinter.
Eine Ärztin kam dazu und fing an, von oben auf den Bauch zu drücken, was ich als ganz hilfreich empfand, was aber leider auch nichts brachte. Die Wehen wurden bei jedem Mal wieder schmerzhafter. Das Pressen nahm mich ziemlich mit und zwischenzeitlich dachte ich, mir wird gleich schwarz vor Augen. Den Dammschnitt, den ich irgendwann zu dieser Zeit bekam, habe ich überhaupt nicht mitbekommen.
Der Oberarzt kam dazu und half mit. Irgendwann rief jemand, man könne schon die Haare sehen, ich solle gefälligst doller pressen. Ging aber nicht. Plötzlich bekam ich mit, dass die Stimmung ein wenig unruhig wurde und ich hörte irgendwas von wegen Herztöne und Saugglocke. Ich konzentrierte mich so gut es ging auf das CTG und tatsächlich waren die Herztöne deutlich langsamer geworden. Bevor ich mir deswegen wirklich Sorgen machen konnte, schob der Oberarzt schon die Saugglocke heran und friemelte unten an mir herum, was ich zwar merkte, aber nicht wehtat. Dann presste ich noch zweimal mit aller Kraft und beim zweiten Mal merkte ich, dass der Druck plötzlich nachließ. Jemand rief das Köpfchen ist da! Und nach dem nächsten Pressen spürte ich, wie etwas aus mir rausflutschte und das Bauchgefühl der letzten Wochen und Monate ganz plötzlich weg war - ich war wieder leer. Ein irres Gefühl, was ich in dem Moment als total angenehm empfand.
Um mich herum war großer Jubel und Erleichterung. Ich war so erschöpft, dass ich nur noch japsen konnte. Mein Schatzi knutschte mich von oben ab, die Ärzte gratulierten. Da der Kleine ja zu früh kam und bei der Geburt wohl die Nabelschnur um den Hals hatte, nahm die Hebamme ihn direkt mit zum Wickeltisch und nachdem sie ihm den Rest Fruchtwasser aus den Lungen gesaugt hatte, hörten wir ein zaghaftes Quietschen. Henris erstes Lebenszeichen :amour: Ich war immer noch so k.o., dass ich nicht mal die Freudentränen rauslassen konnte. Auch dass sie ihn mir nicht direkt auf den Bauch legen konnten, habe ich gar nicht richtig realisiert. Während die Ärztin mich nähte (es war zum Glück nur ein kleiner Schnitt und sie hat es hervorragend hinbekommen, so dass ich schon nach einer Woche kaum noch was gemerkt habe) bekam mein Mann dann unseren kleinen Schatz auf den Arm und kam zu mir herüber, so dass wir drei uns endlich begrüßen konnten. Ich kann gar nicht sagen, was in dem Moment in mir vorging, aber ich glaube, das vorherrschende Gefühl war zunächst nicht Glück, sondern Erleichterung. Es war geschafft und unserem kleinen Mann ging es gut.
Hier also nochmal die genauen Daten:
Henri Valentin
geb. am 21.08.2007 in der 35+4 SSW
48 cm
2560 g
KU 32 cm
Leider war dann doch nicht alles so ganz perfekt. Henri war zwar wohlauf und gesund, aber ziemlich schwach. So schwach, dass er es nicht schaffte, zu saugen oder mal ordentlich laut zu schreien. Daher war seine Sauerstoffsättigung im Blut nicht so gut und die Ärzte entschieden sich, vorsichtshalber die Kinderklinik anzurufen. Die Ärztin von dort kam, untersuchte ihn und entschied sich, ihn vorsichtshalber mitzunehmen. Er bekam vor unseren Augen einen Tropf gelegt, wobei er wieder jämmerlich quiekte, was mir fast das Herz brach :triste:. Nach zwei Stunden mit meiner Maus wurde er mir also direkt wieder weggenommen :-(. Ich heulte Rotz und Wasser. Mein Mann fuhr natürlich direkt mit in die Kinderklinik, so dass ich den Abend ganz alleine in unserem Familienzimmer verbrachte. Die Wirkung des Schmerzmittels ließ langsam nach und ich fühlte mich hundeelend. Irgendwann kam mein Mann dann zurück und berichtete, dass es Henri gut geht, dass er nicht beatmet werden muss und höchstwahrscheinlich nur ein Weilchen zur Beobachtung da bleiben muss.
Die nächsten beiden Tage brachte ich damit zu, wieder auf die Beine zu kommen. Die erste Nacht war ziemlicher Horror, die Dammnaht tat höllisch weh und es gibt ja wohl nichts fieseres auf dieser Welt als die ersten Tage des Wochenflusses :fou: Aber es ging wirklich stündlich bergauf und nach zwei Tagen fuhr ich das erste mal mit in die Kinderklinik und konnte meinen Schatz endlich richtig in die Arme schließen!
Letztendlich hat er dann insgesamt fast 3 Wochen in der Kinderklinik gelegen, weil er nicht genügend getrunken und zugenommen hat. Inzwischen wiegt der kleine Mann aber bereits stolze 3060g und seit Sonntag sind wir endlich zu Hause :-D
Mein Fazit aus meinen Erfahrungen:
- Hört niemals auf Ärzte oder Maschinen, wenn euer Gefühl euch etwas anderes sagt!!
- Nehmt Warnzeichen eures Körpers ernst und schont euch früh genug, auch wenn ihr euch noch gut fühlt!!
Ich wünsche Euch allen alles Gute und noch eine schöne Kugelzeit!
Sari und Henri Valentin (22 Tage alt)