Mein Kleiner ließ sich also doch noch länger Zeit. Schon 10 Tage vor der Geburt löste sich der Schleimpfropf, der Muttermund war 2 cm geöffnet und mein Baby ließ sich so tief ins Becken sinken, dass ich aufgrund einer Symphysendehnung die verbliebenen Tage bis zur Entbindung schwer laufen konnte. Am dritten Tag nach dem errechneten Termin musste ich zum CTG zu meiner Frauenärztin keinerlei Wehentätigkeit! Meine Ärztin war aber trotzdem zufrieden, dass der Kleine schon startbereit saß und sie sagte scherzhaft Der gibt mir ja schon die Hand. Morgen wird er geboren.
Als ich dann zu Hause war, bekam ich leichte Blutungen und hatte auch mehr Unterleibsschmerzen. Keine Wehen, aber die ersten Anzeichen, dass es doch bald losgehen würde. Abends um halb sechs lag ich auf der Couch und merkte eine Art Ruck. Ich ging auf Toilette und stellte fest, dass nun meine Fruchtblase gerissen war. Völlig paralysiert starrte ich nun die ganze rosa Flüssigkeit an und blieb eine halbe Stunde auf dem Klo sitzen, weil ich nicht wusste, was ich nun tun sollte mit dem ganzen Wasser. Dann rief mein Freund an und sagte mir, er mache nun Feierabend und ob alles ok bei mir sei. Ich sagte: Joa, aber meine Fruchtblase ist geplatzt. Er war nun ganz vorfreudig auf sein Kind und war 30 Minuten später zu Hause. Ich war immer noch auf Toilette, weil sich nun auch mein Körper entschied für die Geburt alles vorzubereiten und sich zu entleeren. Das erwies sich später als äußerst vorteilhaft, da so im Krankenhaus kein Einlauf mehr nötig war.
Mein Freund aß noch in Ruhe und ging mit dem Hund raus. Bei mir setzten dann um 19 Uhr die ersten richtigen Wehen ein, die entgegen meiner vorherigen Vorstellung sehr schnell in kurzen Abständen kamen. Die ganze Zeit verbrachte ich im Bad auf einem Frotteevorleger vorn über auf einen Hocker gelehnt, weil ich merkte, dass diese Position äußerst angenehm für mich war. Und immerhin war ja da immer noch dieses Fruchtwasser. Die Zeit verging wie im Flug. Als die Wehen schon seit einer dreiviertel Stunde im 5-Minutentakt kamen und mein Freund sagte, wir sollten jetzt mal ins Krankenhaus fahren, entschloss ich mich noch duschen zu gehen und Zähne zu putzen. Er schüttelte den Kopf und sagte, ich sei verrückt, das sei doch gar nicht nötig. Aber ich bestand darauf und zog mir dann frische Kleidung an.
Auf dem Weg ins Krankenhaus, das nur 1.5 km entfernt ist, sagte ich: Wir sind sicher viel zu früh dort. Bei unserer Ankunft ein paar Minütchen später, ca. 21 Uhr, wurde ich wieder ans CTG angeschlossen, das ich diesmal im Sitzen absolvieren durfte, da mir im Liegen übel wurde. Die Wehen kamen alle 2 Minuten, der Muttermund war 4 cm geöffnet. Wir sollten draußen noch 2 Stunden spazieren gehen und dann zur erneuten Untersuchung zurück in den Kreißsaal. Wir gingen also auf dem dunklen Krankenhausgelände bei nassem Wetter umher. Ich dachte noch, zum Glück ist es spät abends und nicht helllichter Tag, an dem alle hier sehen würden, wie ich Wehen habe. Ich schaffte es, 45 Minuten spazieren zu gehen keine zwei Stunden! Denn alle paar Meter bekam ich Wehen und mir war total kalt, ich zitterte wie Espenlaub. Meine Hose wurde nun auch nass durch das ständig nachgebildete Fruchtwasser und auch die dicke Hygieneeinlage, die ich im Krankenhaus bekam, half nichts mehr. Ich wollte zurück in den Kreißsaal. Da empfing mich nun die Nachthebamme und fragte mich, wonach mir sei. Ich wollte in die warme Badewanne. Gesagt, getan. Weitere 45 Minuten verbrachte ich also in der Badewanne. Mein Freund saß am Rand und quatschte vor sich her. Die Wehen wurden auf einmal sehr unangenehm, meine volle Konzentration war bei der Atmung, ich wusste kaum noch wohin mit mir. Ich fragte mich in diesem Moment, wie lange dieser Zustand nur anhalten könnte. Die Hebamme holte mich dann aber aus dem Wasser und untersuchte mich noch einmal. Zum Glück waren wir nicht zwei Stunden spazieren, denn nun war der Muttermund schon 9 cm geöffnet. Wir sollten sofort in den Kreißsaal gehen. Da wusste ich: Die bis dahin unangenehmsten Wehen in der Badewanne waren der Übergangsphase geschuldet.
Im Kreißsaal verbrachte ich noch einige Zeit auf einer Matte vornüber gebeugt auf einen Stuhl. Die Hebamme fragte mich, ob ich schon in die Geburtswanne wollte. Dann bin ich da rein in das schöne warme Wasser, was mich davon abhielt, so stark zu zittern. Sie untersuchte mich dann noch einmal und sagte, der Muttermund sei vollständig geöffnet, wenn ich eine Wehe bekomme, solle ich nun mitdrücken. Diese Phase dauerte bei mir nun leider etwas zu lang, ganze 50 Minuten Presswehen. Die Hebamme meinte zu mir, ich kann noch mehr und solle länger und noch stärker pressen. Manchmal kamen mir die Abstände zwischen den Presswehen so lang vor und ich stand auf einmal unter Stress, weil sie sagte, das Kind müsse endlich raus, sonst holt mich die Ärztin aus der Wanne, wenn sich seine Herztöne noch verschlechtern. Ich versuchte alles zu geben und diesen starken Widerstand des dicken Babykopfes zu ignorieren, ganz nach dem Motto: Der passt da auf jeden Fall durch, auch wenn es sich nicht so anfühlen mag. Dann sagte sie irgendwann, der Kopf guckt schon etwas raus, ob ich mal fühlen wolle. Aber das wollte ich nicht, ich wollte einfach nur weiter machen, damit ich meinen Kleinen endlich halten konnte. Sie ruckelte nun etwas an ihm herum, damit die Schulter rauskam. Und da war er endlich! Mein ganzer Stolz, so niedlich, ganz verwundert schaute er mich an, wo er jetzt nun auf einmal war. Insgesamt von Anfang bis Ende dauerte sein Weg ins Leben knappe 7 Stunden.
Danach wurden meine Verletzungen versorgt und ich konnte die ganze Zeit mit meinem Kleinen kuscheln. Mein Freund war ganz stolz auf uns und sagte mir, ich habe das so gut gemacht, als hätte ich noch nie etwas anderes getan. Ich war glücklich und äußerst zufrieden, dass meine ständig andauernde Einstellung Sei einfach offen (im wahrsten Sinne des Wortes und jeder Hinsicht) geholfen hat.