anula_12856222Hey,
mir war es ein dringendes Bedürfnis auch von meiner Abtreibung zu berichten. Meine Abtreibung ist mittlerweile 2 Monate her und mir geht es wirklich gut. Als ich von der Schwangerschaft erfahren habe, war ich Anfang der 6. Woche. Irgendwie war ich gefasst, da ich es mir nach dem Ausbleiben meiner Regel schon gedacht habe und mir direkt einen Test geholt habe. Außerdem habe ich mich die letzte Woche extrem schlapp und müde gefühlt und mir war andauernd schlecht. Ich habe direkt einen Termin gemacht bei ProFamilia und auch direkt beim Arzt, dessen Nummer ich schon direkt nach dem Telefongespräch von ProFamilia bekam. Ich habe mich für die Abtreibunsgpille entschieden, da es mir irgendwie lieber war als ein medizinischer Eingriff, auch wenn der schneller vorbei ist und schmerzfreier sein soll. Ich habe mich sehr viel online informiert und ich fand es extrem schwierig hier sachliche Informationen zu bekommen weil man hier wirklich zu 90% nur Horrorberichte findet. Ich musste ungefähr 4 Tage auf den Termin bei ProFamilia warten, und nach dem Termin war mir einfach nur zu heulen zumute. Erstmal musste ich einundhalb Stunden im Wartezimmer von ProFamilia warten, während irgendwelche Kinder dort rumgetollt sind und irgendwelche Angestellten durch das Zimmer rannten. Am Anfang war ich noch guten Mutes aber nach dem eine Stunde rum war und man so mit seiner eigenen Angst umgeben war, war ich emotional sehr aufgekratzt. Das Gespräch wurde dann von einem Mann geführt mit einer Praktikantin, ich fühlte mich in der Sitiation nicht wirklich wohl und war einfach nur froh als ich den Beratungsschein hatte. Allerdings muss man dazu sagen dass der Mann schon nett war und auch am Anfang meinte dass ich nicht gezwungen bin irgendwas zu sagen und egal wie das Gespräch verläuft ich so oder so den Schein ausgestellt bekomme. Naja auf jeden Fall war ich die ganze Zeit dann kurz vorm heulen, auch als ich das Büro verließ. Bis zu dem ersten Arzttermin waren es dann weitere 5 Tage. Ich nahm meinen Partner mit und war wirklich überrascht von der Praxis. Alle waren total nett und man hatte überhaupt nicht das Gefühl irgendwie verurteilt zu werden, wie ich vorher gedacht hatte. Ich kam in einen kleinen Raum wo ich belehrt wurde und Sachen gefragt wurde von einer Arzthelferin, dann sollte ich die erste Tablette runterschlucken ( oder waren es zwei ich weiß es nicht mehr genau), auf jeden Fall das erste Präparat. Danach sollte ich meine Blase leeren und kam noch kurz auf den Stuhl für einen Abstrich und einen Ultraschall. Der Ultraschall wurde gegen meine Vorstellung nicht auf dem Bauch gemacht sondern irgendwo in/ an der Vagina/Vulva, das heißt man hat gar nichts davon mitbekommen und als man dachte es geht los war es schon wieder vorbei, wirklich ratzfatz. Dann konnte man schon wieder gehen. Nach dem ersten Präparat verging ein Tag zuhause, wo ich gar keine Veränderungen festgestellt habe. Am darauffolgenden Tag ging es dann wieder zu Ärztin. Ich bekam das zweite Präparat, was ich im Mund lutschen musste 10 Minuten lang (Die Ärztin klärte mich auf das es normal zwei Tabletten gäbe, die man runterschlucken muss, aber sie probiere eine neue Methode die laut Ärzten besser vertragen werde mit weniger Schmerzen). Dann gab es in Praxis einen extra Raum mit fünf Betten, der gemütlich eingerichtet war, dort verblieb ich dann die nächsten fünf Stunden mit meinem Freund. Ich hatte im Vorhinein Angst starke Schmerzen zu bekommen, da man sagt, dass die Schmerzen ausfallen wie bei der Regel, und ich an einem Tag zumindest immer sehr starke Schmerzen habe. Allerdings verlief alles sehr moderat, ich bekam zwar irgendwann Schmerzen allerdings waren die von nicht allzu langer Dauer ( ich nahm aber auch Ibuprofen dazu und legte nach, nach paar Stunden. In dem Raum befanden sich noch andere Frauen, den es deutlich schlechter ging, aber nach paar Stunden ging es Ihnen auch besser. Ich sollte wenn ich auf Toilette ging nach einer runden durchsichtigen Kugel Ausschau halten, der Fruchtblase, und die Helferinnen holen falls ich eine sehen würde in der Toilette, dann könnte ich auch direkt heimgehen. Ich bekam zwar Blutungen, die auch relativ stark waren und zum Schluss wieder nachließen, aber ich habe während des gesamten Aufenthalts in der Praxis nichts entdecken können. Am Anfang nach der Einnahme wurde mit relativ übel, aber nur kurz, dann war meine Übelkeit ganz weg ( auch die die ich die Wochen zuvor verspürt hatte, vielleicht war ab dem Moment schon die Schwangerschaft vorbei gewesen?). Am Ende der fünf Stunden ließen die Blutungen wieder ein bisschen nach und ich hatte noch ein endgespräch mit der Ärztin und sie gab mir noch einen Umschlag mit, mit dem medizinischen Befund etc. falls ich danach zu einem anderen behandelnden Arzt gehen sollte. Außerdem gab sie mir noch ein Weiteres Präparat mit, was ich zur Sicherheit nochmal zuhause zu mir nehmen sollte um ganz sicher zu gehen. Naja das tat ich auch, allerdings konnte ich auch zuhause keine Fruchtblase erkennen. Ich vereinbarte bei ihr dann auch einen Nachuntersuchungstermin, der allerdings erst zwei Wochen später stattfinden sollte. Bis dahin war es nicht sehr angenehm, da man in Ungewissheit blieb ob jetzt alles wirklich gutgegangen ist, oder vielleicht sogar eine Ausschabung oder Aussaugung durchführe müsse. Allerdings bestätigte sie mir bei dem Termin, dass alles gut verlaufen sei und die Schwangerschaft nicht mehr sichtbar. Sie konnte sogar meinen nächsten Eisprung erkennen. Bis zu dem Termin hatte ich fortwährend Blutungen, die ungefähr 3-4 Tage nach der Nachuntersuchung erst entgültig endeten. Also insgesamt zweiundhalb Wochen. Die Blutungen waren allerdings nur moderat stark, und ich benutzte drei Tage nach der Abtreibung schon meinen Menstruationscup, obwohl man ja zwei Wochen lang Binden benutzen sollte. Ich hatte das mit der Ärztin abgesprochen, da ich mit Binden wirklich gar nicht klar komme, und sie hatte gesagt dass die gesundheitlichen Risiken da extrem gering sind, und es nur Problemfälle in den USA gab, ähnlich wie mit dem toxischen Schocksyndrom bei Tampons vor dem gewarnt wird. Insgesamt kann ich die Ärztin und ihre Praxis wirklich nur loben, das ganze Team total verständnis- und liebevoll, so wie man es sich wünscht. Erst im Nachinnein habe ich dann erfahren, dass sich die Ärztin auch gegen die Paragraphen 218/219 einsetzt, und kurz vor und in der Zeit meiner Behandlung mit einer medienweiten Klage zu kämpfen hatte. Wirklich ein Hoch auf diese Frau! Auch die Art und Weise wie sie und ihr Team das Thema behandelt haben, fand ich toll. Zwar umfassend aufklärend, aber auch nicht angstmachend. Einfach realistisch. Mein Fazit zu der Abtreibungspille: ich hatte kurz vor der Behandlung echt Zweifel ob die Absaugung nicht doch die bessere Variente wäre und wollte den Termin kurz vorher absagen. Allerdings kann ich jetzt sagen dass alles so wie es sein soll verlaufen ist, und auch wenn ich manchmal starke Regelschmerzen habe, die Schmerzen während der Abtreibung echt machbar waren. Auch die Blutungen fand ich im Rahmen. Ich würde mich immer wieder für die Pille entscheiden. Allerdings muss ich sagen dass ich mir mit meiner Entscheidung absolut sicher war, und sie von mir selbst aus kam, ich weiß nicht wie es für Frauen wäre, die moralische/ emotionale Probleme mit der Entscheidung haben und dann ihre Fruchtblase sehen oder wochenlang noch Blutungen haben, also vielleicht ist es für manche Frauen einfach besser wenn es direkt vorbei ist. So nun zu dem emotionalen Punkt. Meine Entscheidung war von Anfang an zu 100% klar, da ich noch relativ jung bin und ein Kind zu dem jetzigen Zeitpunkt nicht das ist was ich mir im Leben wünschen würde, und womit ich wirklich glücklich werden würde. Auch moralisch/ emotional gesehen hatte ich keine Entscheidungsprobleme, da ich zu 100% für die Selbstbestimmung der Frau bin und auch von meiner Erziehung her nichts moralisch verwerfliches darin sehe. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich bei mir noch keine Muttergefühle vorhanden sind. Ich kann es nicht sagen, und ich weiß auch dass jede Frau da anders denkt, aber bei mir war meine Entscheidung von Anfang an klar und ich wusste das es das Richtige ist. Allerdings waren die 4 Wochen zwischen ausbleiben der Regel und Nachuntersuchung mit der Bestätigung dass alles geklappt hat, trotz allem sehr emotional und zermürbend. Mir ging es wirklich sehr schlecht und ich habe mich komplett zuhause eingeschlossen. Vor allem kam dazu dass ich erst mit keinem darüber reden konnte, da mein Freund und ich gesagt hatten wir behalten es für uns, da es mir sehr peinlich war ( obwohl ich bei anderen Frauen liberal denke, daran sieht man dass wenn man selbst in der Lage steckt, es immer was anderes ist). Allerdings hab ich mich zwischen dem 1. und 2. arzttermin dann doch meinen besten Freundinnen geöffnet, da ich überemotional war und einen kompletten Heulkrampf bekommen hatte. Danach ging es mir so viel besser. Daran sieht man wirklich dass es so wichtig ist sich jemandem öffnen zu können. Ja ich war auf jeden Fall in der Zeit grade zwischen dem Schwangerschaftstest und dem zweiten Arztbesuch sehr deprimiert und wollte mich einfach nur verstecken. Ich wollte einfach nur dass es vorbei ist. Dazu kam diese komplette Abgeschlagenheit/ Müdigkeit und Emotionalität von der Schwangerschaft. Ich war einfach nur richtig down. Es war einfach nicht schön mit dem Bewusstsein zu leben, dass sich grade ein Fötus in Dir befindet. Man hatte es die ganze Zeit im Kopf. Nach dem 2. Arztbesuch war ich auf jeden Fall total froh weil ich wusste dass ich endlich wieder „zu mir“ werde. Und bei der Nachuntersuchung ist dann auch noch die letzte Last von einem abgefallen. Ich muss sagen, dass dann mein Leben wieder so richtig losging und ich einfach nur total positiv gestimmt war und immernoch bin. Weil ich einfach total geschätzt habe danach wie toll es ist frei und „nicht schwanger“ zu sein. Ich habe auch heute kein schlechtes Gewissen. Es wurde ein Walnussgroßer Fötus getötet aus meinem Körper, den ich dort selbst reingesetzt hatte. Natürlich weiß ich nicht wie ich darüber denke wenn ich 30 oder 40 bin und selbst Kinder habe oder möchte. Allerdings muss man Entscheidungen immer im Kontext der jeweiligen Situation sehen, und meine Entscheidung war und ist für meine Entscheidung die beste, auch wenn sie vielleicht nicht für mein 40-jähriges auch die beste sein wird. Ich verstehe einfach nicht warum es Menschen gibt die darüber urteilen, weil ich nicht verstehe was andere fremde Menschen MEIN Fötus angeht. Ich interessiere mich auch nicht für andere Föten. Für mich ist ein Mensch im biologischen Sinne ein Mensch wenn er lebensfähig ist und leben kann. Im weiteren Sinne wird er zu einem Menschen durch das was ihn prägt, was er lernt, was ihn ausmacht. Ich kenne Frauen die Kinder haben die sie nicht wollten. Klar haben diese Frauen glückliche Momente, aber ich sehe bei Ihnen nicht diese innere glückliche Zufriedenheit, die ich mir für das Leben wünsche. Jede Frau ist verschieden und ich weiß dass es viele Frauen gibt, für die es anders ist und die trotz moralischer Offenheit für andere Frauen, emotional das nicht mit sich vereinbaren können. Und das ist auch okay, ich empfehle keiner Frau für die es sich falsch anfühlt, es aufgrund äußerer Zwänge zu machen. Jede sollte das tun was sich für sie richtig anfühlt und womit sie leben kann. Trotzdem wollte ich mit meinem Bericht auch zeigen, dass es möglich ist nach einem Schwangerschaftsabbruch normal weiterzuleben ohne traumatisiert zu sein und dafür muss man sich auch nicht schlecht fühlen weil man sich nicht schlecht fühlt. Ich frage mich außerdem woran es liegt, dass man nur Horrorberichte findet, liegt es vielleicht daran, dass meistens nur die negativen Erfahrungen erzählt werden, oder vielleicht dass hinter manchen Berichten Abtreibungsgegner stecken, die Angst schüren und die jeweiligen Entscheidungen beeinflussen möchten? An diese Leute kann ich nur appellieren, dass ich es für extrem egoistisch finde, die eigenen moralischen Überzeugungen auf andere zu projezieren. Es ist okay beispielsweise christlich aufgewachsen zu sein und Abtreibung für einen persönlich als keine Option zu sehen. Aber lass das doch bitte deine Sache sein, ich verurteile doch auch keine Menschen die so denken.
Liebe Grüße